Zum Inhalt springen

Verliebtsein in Gott (15. Sonntag im Jahreskreis 2003)

Datum:
13. Juli 2003
Von:
Heinz Büsching

Es fängt immer an mit dem Verliebtsein. Plötzlich springt der Funke über, und das Verliebtsein ist da. Ob aus dem Verliebtsein eine echte Liebe wird, ist damit noch nicht gesichert. Und auch die echte Liebe bleibt bedroht und muss ständig erneuert werden.

Ich stelle mir vor, ein junger Mann will und will sich nicht verlieben, er wird älter, und die Mutter macht sich allmählich Sorgen. Ich stelle mir vor, die besorgte Mutter würde sich schließlich daran machen, ihrem Sohn das passende Mädchen auszusuchen. Mit vorsichtigen Hinweisen und sanftem Druck macht sie ihren Sohn auf eine gute Partie aufmerksam. Wissen Sie, wie der Sohn reagieren wird? Der wird bockig; wütend auf die Mutter, und von dem Mädchen, das ihm seine Mutter verschrieben hat, will er schon gar nichts wissen.

Verlassen wir jetzt diese traurige Vorstellung und schauen wir uns einen Augenblick einen jungen Mann an, der sich nun wirklich verliebt hat. Der kriegt plötzlich Spaß am Tanzen, benimmt sich ein bisschen wie ein Verrückter, vor allem ist er bereit, eine Menge für sein Mädchen zu tun, richtige Opfer zu bringen, ja sogar sein Leben umzustellen.

Wovon rede ich? Rede ich von menschlichen Beziehungen? Ja, natürlich. Und ich hoffe, dass ich das einigermaßen richtig dargestellt habe.

Aber ich denke auch und vor allem an unsere Beziehung zu Gott. Denn da ist das so ähnlich. Auch da fängt alles an mit dem Verliebtsein. Das "In-Gott-Verliebtsein" bringt alles andere erst ins Rollen. Erst das "In-Gott-Verliebtsein" bringt unser Leben in Bewegung in Richtung auf eine tiefe, bewusste Gottesliebe. Wer das "In-Gott-Verliebtsein" nicht kennt, der wird sein Christsein als Sammelsurium von Lasten empfinden, die er irgendwann abwirft. Aber wer sich einmal in Gott verliebt hat, der ist bereit, für diese Liebe eine Menge zu tun, auch Opfer zu bringen, ja, sein Leben auf Gott hin umzustellen; und dies nicht als lästige Pflicht, sondern selbstverständlich und gern. Vielleicht ist ihm dabei auch schon einmal zumute wie David, der aus lauter Freude an Gott vor der Bundeslade tanzte, oder vielleicht kann er dem heiligen Franziskus nachfühlen, der sich wie ein Verrückter im Schnee gewälzt hat aus lauter Verliebtsein in Gott. Ein Christ muss eigentlich auch immer so ein bisschen verrückt sein.

Gelegentlich kommt mir der Gedanke, dass bei manchem Christen der Funke noch nicht übergesprungen ist. Können wir daran etwas tun? Können Eltern etwas daran tun, dass der Funke bei ihren Kindern überspringt? Können Menschen überhaupt etwas daran tun, dass der Funke auf andere Menschen überspringt? Oder ist das ein Geheimnis? Ist es allein die Sache Gottes, die Funken zu versprühen?

Das heutige Evangelium gibt uns auf diese Frage eine klare Antwort. Wir haben ein Angebot zu machen. Wir haben die Botschaft von der Liebe Gottes zu sagen. Es liegt auch an uns, dass der Funke überspringt.

Über die Art, wie das geschehen soll, macht dieses Evangelium wichtige Aussagen. Das gute Wort über Gott muss einfach sein. Frei von theologischem Gepäck, kein Überredungsversuch, keine Taktik, kein Druck. Ich muss dem andern die Freiheit lassen, auch nein zu sagen. Wenn ich Druck mache; wenn ich eine auch noch so liebenswürdige Überredungsstrategie anwende, dann wird der andere bockig; wütend auf mich; und von Gott will er dann zunächst mal nichts mehr wissen. "Wenn man euch nicht hören will, geht weiter", sagt Jesus. Vielleicht braucht der andere noch Zeit. Vielleicht ist seine Stunde noch nicht gekommen.

Die Boten im Evangelium bringen nichts weiter mit als sich selbst. Das, was wirkt, ist allein ihre Echtheit. Das, was zündet, ist allein ihre Glaubwürdigkeit. Das ist wohl das Wichtigste: Wir müssen echt sein. Wir müssen glaubwürdig sein. Nicht das schwere Geschütz der Argumente bringt es; auch nicht die sanfte Tour der Diplomatie; und schon gar nicht das Beweisenwollen. Nur die Echtheit löst im andern etwas aus. Nur Begeisterung steckt an. Nur die Freude an Gott lässt den Funken des Glaubens überspringen. Und das eine gute Wort über den lieben Gott, das Sie im Alltag sagen, wiegt mehr als 100 Sätze, die ich hier von der Kanzel von mir gebe.

Es fängt immer alles an mit dem Verliebtsein. Wie steht es mit Ihrem Verliebtsein in Gott?