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Krippe 2019

Neulich sah ich im Fernsehen zufällig eine Meditation eines Laienbruders zum Thema Advent, die mich sehr beeindruckt hat. Er sagte unter anderem immer wieder: “Advent heißt, Stille aushalten und warten können.“ Wörtlich übersetzt heißt Advent Ankunft.
Datum:
24. Dez. 2019
Von:
bg/hh

In unserer immer hektischer werdenden Zeit haben wir uns die unterschiedlichsten Ziele gesteckt und können es eigentlich nicht erwarten, anzukommen.

 

Wir Kinder unserer Zeit sind fast zwanghaft damit beschäftigt, schon am Ziel zu sein, bevor wir uns eigentlich auf den Weg gemacht haben. Warten müssen empfinden wir als katastrophal. Und wir haben das Gespür dafür verloren, wie wichtig doch für uns der Weg zum Ziel ist mit seinen ganz eigenen wertvollen Erfahrungen und oft ungewollten Warteschleifen.

Wir haben das Warten und das Aushalten von Stille verlernt.

Dabei hat doch das Volk Israel lange Zeit voll Sehsucht auf die Ankunft des Messias gewartet, daran erinnern wir uns im Advent.

Wir Christen warten auf die einstige Wiederkunft unseres Herrn und die Vollendung der Schöpfung.

Und die meisten von uns warten inbrünstig darauf, dass er täglich aufs Neue in unserem Leben ankommt.

Bevor wir überhastet zu unseren Zielen aufbrechen, müssen wieder lernen, erst einmal still zu werden, um uns Klarheit zu verschaffen, ob das Ziel die Anstrengung überhaupt lohnt. Das hat etwas mit Suchen zu tun, mit dem Bemühen um Orientierung.

Das kostet viel Kraft und mag den einen oder anderen überfordern. Es wird still um ihn, ohne dass er es will, und diese Stille kann manchmal unerträglich sein.

Wir müssen wieder lernen, unser passives und zumeist frustrierendes Warten in der Suche nach Orientierung in eine zielgerichtete Erwartung zu verwandeln.

Und an Weihnachten:

Für viele kommt dieses Fest viel zu schnell. Sie finden keinen Weg aus der Hektik heraus, sie sind nicht in der Lage, Räume der Stille zu finden, in denen sie sich auf die Suche nach sich selber machen und um die Geburt des so ersehnten Messias wirklich feiern zu können. Zu sehr sind sie in Anspruch genommen von den oftmals erdrückenden Sorgen und Nöten ihres Alltags.

Krankheit, Arbeitslosigkeit, Zerbrechen von Beziehungen und Lebensplanungen,Tod eines geliebten Menschen, die Sorge um die Zukunft der Kinder, Krieg und Terror: All das reibt viele auf und lässt sie nicht zur Ruhe kommen und die Orientierung verlieren.

Wer hat nicht schon die Erfahrung gemacht, dass trotz aller Anstrengungen und Mühen, das Weihnachtsfest zu etwas ganz Besonderem zu machen, am Ende ein unsäglich tiefes Loch aufgähnt, aus dem heraus, wie nach einer schönen Illusion von heiler Welt, uns unser trüber und sorgenvoller Alltag wie eine Krake wieder verschlingt.

Da gab es ein junges Paar vor 2000 Jahren in Palästina, es musste sich unter dem Zwang der sehr bedrückenden politischen Verhältnisse auf den Weg nach Bethlehem machen. Sie hatten dieses Ziel nicht gewählt, es wurde ihnen aufgezwungen, obwohl die junge Frau kurz vor der Entbindung stand. Welche Sorge und welche Not! Möglichst schnell ankommen, bevor die Geburt losgeht, und das nicht in einem bequemen ICE!. Und dann auch noch vor verschlossenen Türen auf der Suche nach einem Dach über den Kopf.

Mir kommt diese Situation sehr bekannt vor, schaue ich mir die Flüchtlingsproblematik unserer Tage an. Scheinbar unlösbar für uns diese Herausforderung. Wieder meinen alle überfordert zu sein, Sorgen, Nöte und Ängste verschaffen sich in bedrückender Art und Weise Luft. Es gibt viele engagierte Mitmenschen, die sogar die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit überschreiten und sich in Liebe um die bei uns Gestrandeten kümmern. Und all diese Herbergssuchenden sind Menschen, wo man doch heute am ehesten mit anonymen Zahlenmaterial operiert.

Scheinbar keine Lösung in Sicht. Schaffen wir das oder nicht, das ist die Frage der Politiker, sie gibt Fanatikern Zündstoff für ihre unmenschlichen Parolen. Und ich: ich bin voller Hoffnung, wenn wir alle endlich lernen, uns von diesem hilflosen Gotteskind in der Krippe anschauen zu lassen.

Und das junge Paar in Palästina:

Sie fanden in einem elendigen und stinkendem Viehstall ihr Dach über dem Kopf. Die Randfiguren der damaligen Gesellschaft, die Hirten, durften als Erste erfahren durch die Stimme der Engel, Gottes Boten und Übersetzer für uns Menschen, dass der Messias, der Retter, geboren sei, der Sohn Gottes.

Gott war sich nicht zu schade, sich in den Sumpf und die Bedrängnisse unseres Alltags hinab zu begeben, er wurde ein Mensch mit Haut und Haaren, bis hin zur Erfahrung des bitteren Todes. Er hat schon kurz nach seiner Geburt das Schicksal vieler Menschen geteilt, in Lebensgefahr zu sein und sich auf der Flucht zu befinden.

Und er schaut mich in jedem armen Flüchtling, in jedem Menschen, der von großen Sorgen und Nöten getrieben wird, als Kind in der Krippe mit liebevollen und verständnisvollen Augen an.

Das Kind in der Krippe will uns auffordern, sich mit ihm voller Hoffnung auf einen Weg zu begeben, der uns letztlich in all unseren Bedrängnissen, in all unserer Ratlosigkeit und auch Verzweiflung trägt und an ein  Ziel führt, das das Ende aller unserer Sehnsüchte sein wird.

Und dann wird Friede auf Erden werden für alle Menschen, dann wird sich unser Warten und die Stille mit Leben erfüllen.

 

An Weihnachten wird uns verkündet, dass Gott uns in all unserer Suche und unserer Orientierungslosigkeit entgegen kommt.

Und das ist die schier unglaubliche Botschaft der Menschwerdung des unendlichen und unfassbaren Gottes, die Botschaft seiner  unergründlich tiefen  Liebe zu uns.

Er will uns Stille und Ruhe verschaffen, er will ankommen bei uns, er will uns beim Suchen helfen und sich mit uns auf einen guten Weg machen.

Neben dem Warten und Stille lernen heißt es für uns alle aber ganz besonders, sich für den bei uns ankommen wollenden Herrn zu öffnen und seine Liebe einander weiter zu geben. Dann kann zumindest ein wenig mehr Frieden werden auf Erden.