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Meine Zeit steht in deinen Händen (Freitag der 3. Woche der Fastenzeit 2020)

2020-03-20_Corona-Predigt
Datum:
20. März 2020
Von:
Christoph Jansen

Liebe Christen,

im neuen Gotteslob gibt es unter der Liednummer 810 ein wunderschönes Lied, dessen Refrain und erste Strophe wunderbar in diese Zeit passt. Der Titel "Meine Zeit steht in deinen Händen" ist dem Psalm 31 entnommen. Jede Zeit unseres Lebens, auch die Zeit, die von der Pandemie überschattet ist, ist von Gott geschenkt. Und wenn es in dem Lied weiter heißt: "Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden", dann ist das genau das, was wir so dringend ersehnen.

Egal, was passiert, wir sind geborgen in Gott. Wir haben alles, was wir zum Leben brauchen. Menschen auf der Flucht, Menschen im Krieg, in Hungersnot, in bitterer Armut sind so viel schlimmer dran als wir. Wir brauchen nur die Geduld, das Vertrauen und den Mut, nach vorne zu schauen. Das "feste Herz" steht für den Mut, der manchmal fehlt. Und wenn die erste Strophe davon redet, dass die Frage nach dem Morgen mutlos ist, wendet Gott die Mutlosigkeit in Hoffnung.

Ich lade Sie ein, das Lied zu beten oder zu singen. Spätestens in der zweiten Strophe, in der es um Hast, Eile und Zeitnot geht, also um Dinge, die uns regieren und den Blick auf das Wesentliche verstellen, merke ich, wie wohltuend es sein kann, wenn alle herunterfahren, wie wir es in diesen Tagen erleben. Ich jedenfalls freue mich über das Frühlingserwachen rund um die Warther Kirche, das ich jeden Tag vor Augen habe, über die Sonne der letzten Tage und die Ruhe, die überall spürbar ist.

Die letzte Strophe schließlich beginnt mit dem Satz: "Es gibt Tage, die bleiben ohne Sinn, hilflos seh ich, wie die Zeit verrinnt". Viele Menschen werden in diesen Tagen genau so denken. Ich nicht. Ich bin sicher, dass diese Tage durchaus einen Sinn haben. Wir fasten echte spürbare Gemeinschaft für jene, deren Leben wir damit retten. Und so praktizieren wir ohne große Anstrengung wirkliche christliche Nächstenliebe.

Dass die Tage nicht verrinnen, dass wir sie vielmehr sehr intensiv erleben, spüre ich, wenn ich mir klar mache, dass genau vor einer Woche noch die Kindergärten und Schulen geöffnet waren und dass bis zum Samstag auch unsere Gottesdienste noch möglich waren. Es kommt mir vor, als sei der Zustand, den wir jetzt haben, schon viel länger da.

Meine Zeit steht in deinen Händen. Selten spüre ich so intensiv wie in diesen Tagen, dass diese Aussage wirklich stimmt.

Ihr Pastor

Christoph Jansen