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Loslassen – ja. Aber keine Angst. (17. Sonntag im Jahreskreis 2003)

Datum:
27. Juli 2003
Von:
Heinz Büsching

Immer gilt es, in sein Leben hineinzuhören und das Stichwort wahrzunehmen, das uns aus einer Lebenssituation entgegenkommt. Gott spricht uns ja an durch unser Leben, durch unseren Alltag, durch alle Geschehnisse, die uns berühren. Wer sich von Gott leiten lassen will, der muss in sein Leben hineinhören. Wer sich von Gott leiten lassen will, der muss hineinhören in alles, was um ihn und in ihm geschieht, damit er das Stichwort findet, das Gott ihm gibt. Meist muss ich dafür still werden und ganz wach und ganz aufmerksam. Denn für gewöhnlich spricht Gott leise; im leisen Wehen, wie die Schrift sagt.

Aber heute ist das Stichwort, das Gott uns gibt, sehr deutlich, unüberhörbar, es drängt sich auf. Loslassen.

Loslassen - das kommt mir bekannt vor. Abraham muss seine Heimat loslassen. Das Volk Israel muss die Fleischtöpfe Ägyptens loslassen. Maria und Josef müssen den 12jährigen Jesus im Tempel loslassen. Unzählige Eltern müssen ihre Kinder loslassen. Die Pfarrgemeinde Liebfrauen muss ihren Pastor loslassen, und loslassen muss der Heinz seine Pfarrgemeinde Liebfrauen.

Immer ist das Loslassen mit Schmerz verbunden. Doch aus der Bibel und aus Erfahrung weiß ich, dass das Loslassen, von Gott geleitet und von ihm begleitet, zum Segen wird. Dazu müssen wir dann natürlich auch die anderen Stichworte wahrnehmen, die Gott uns gibt. Die können z. B heißen: Ran! Jetzt erst recht. Ich bin bei euch alle Tage. Der Herr ist mein Hirt, nichts wird mir fehlen.

Ich will den Schmerz des Loslassens nicht allzu schnell mit einem frommen Wort überspringen. Schmerz muss bewältigt werden, und oft hilft dabei das Benennen. Benennen kann ich aber nur den eigenen Schmerz. Ich muss loslassen eine Pfarrgemeinde, die mir Heimat geworden ist, eine gute und glückliche Heimat. Dazu gehören die vielen Menschen, die mir lieb geworden sind und die mich auch dann ertragen haben, wenn ich schwer zu ertragen war.

Immer wieder überrascht und begeistert war ich von den unglaublich vielen, die hier in der Pfarre mit anpacken und einen Einsatz zeigen, vor dem ich nur mit den Ohren schlackern kann.

Eine besonders kostbare Erfahrung ist der Gottesdienst, wie ich ihn hier in der Gemeinde erlebt habe: lebendig, innig, aufbauend, mit der Freude am Singen, mit viel Fröhlichkeit, mit der Stimme der Kinder, aber auch mit der Bereitschaft zur Stille sind zum wachen Hinhören auf das Wort Gottes.

Ich merke, dass ich unversehens vom Schmerz zur Freude geraten bin. Hier ist die Mitte. Von hier geht die Kraft aus, die die Pfarrgemeinde so erfrischend lebendig gemacht hat; so habe ich es wahrgenommen.

Loslassen muss ich eine vertraute Pfarrgemeinde, die sich aus der innersten Mitte des Glaubens aufgebaut hat. Nicht loslassen muss ich die Mitte, weil     s  i  e     mich nicht loslässt. Christus bleibt die Mitte für Sie und für mich. Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten.

Gott spricht zu mir auf vielerlei Weise. Er spricht zu mir nicht nur durch mein Leben. Er spricht mich auch an durch die Heilige Schrift. Immer wenn ich die Sonntagsmesse vorbereite, höre ich zuerst in das Evangelium hinein, das Gott mir für diesen Sonntag gibt. Es war diesmal gut hörbar. Das Stichwort, das sich mir aufdrängt, lautet: Sattwerden. Die Leute, die Jesus gefolgt waren: alle hatten sie Hunger, und alle wurden satt.

Das bedeutungsschwere Johannesevangelium denkt nie nur an den Bauch. Das Johannesevangelium ist bewegt von unserem Hunger nach Wahrheit, Licht und Leben. Es geht um den Hunger nach Sinn, nach Glück, nach Gott. Die Leute, die zu Jesus gekommen waren, sie alle wurden satt. Die Menschen, die zu Jesus kommen und sich bei ihm niederlassen – ob in der Warth oder in Wilberhofen – sie werden satt.

Von diesem Evangelium gehen natürlich noch mehr Stichworte aus, z. B. das Gespräch Jesu mit seinem Seelsorgeteam; dass ein Kind eine wichtige Rolle spielt. Und dass Jesus etwas hat gegen gloriose Königsrollen. Jesus wusste, was er wollte. E wollte, dass alle satt werden. Er will das auch heute noch. Beide Stichworte: Loslassen und Sattwerden, kommen vom gleichen Stichwortgeber. Darum passen sie auch so gut zusammen. Sie ergänzen sich.

Loslassen – ja. Aber keine Angst. Ihr werdet satt werden.