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Jesus hat Mitleid mit den Menschen in Gottesnot. (16. Sonntag im Jahreskreis 2003)

Datum:
20. Juli 2003
Von:
Heinz Büsching

Es geht um die Gottesnot. Jesus hat Mitleid mit den Menschen in Gottesnot. Sie sind wie Schafe ohne Hirten. Mit dem Hirten ist Gott gemeint. Menschen ohne Gott sind wie Schafe, die keinen Hirten haben. Es geht um die Gottesnot.

Damals kam sie eher aus den falschen Vorstellungen von Gott, heute, darüber hinaus und damit zusammenhängend, kommt sie mehr aus der Interesselosigkeit. Gottesnot. Wie schlimm ist diese Not? Wie schätzen Sie diese Not ein?

Für Jesus ist die Gottesnot erschütternd. Aus Mitleid mit den Menschen in Gottesnot bricht er seinen Urlaub ab. Wie wichtig der Urlaub sein kann, wie nötig die Erholung vom Stress, dafür haben wir moderne Menschen viel Verständnis. Dass Jesus für die Menschen in Gottesnot den Urlaub abbricht, lässt erkennen, für wie schlimm er ihre Gottesnot hält und wie groß sein Mitleid ist.

Dieser Einschätzung der Gottesbeziehung werden viele Menschen nicht zustimmen und über solches Mitleid mit den Achseln zucken. Für viele Menschen ist Gott nicht wichtig, und sie leiden nicht darunter. Viele Menschen sagen zwar: ich glaube an Gott. Aber sie lassen auch erkennen, dass von einer lebendigen Gottesbeziehung nicht die Rede sein kann, und das ist für sie keine Not. Viele Menschen werden mit mir einig sein, dass es eine Gottes -frage gibt. Aber Gottes - not     – so dringlich empfinden sie die Sache mit Gott nicht. Solange einer gesund ist und es ihm gut geht und finanziell alles richtig läuft, solange kann er die Sache mit Gott eine     F  r  a  g  e     nennen und über die Rede von der Gottesnot mit den Achseln zucken.

Ich bin aber alt genug, um mir die These erlauben zu dürfen, dass es bei manchem im Innern anders aussieht, als er nach draußen hin tut, dass mancher nach außen hin wirkt wie ein fester Bau, aber innerlich knistert es doch schon mal. Und wenn Enttäuschungen kommen, Niederlagen, Schmerzen oder der Tod in der Nähe einschlägt – und so etwas kommt immer – dann sieht alles ganz anders aus. Dann kann aus dem Glaubensdefizit die Verzweiflung wachsen; aus der fehlenden Gottesbeziehung die Überstrapazierung der Mitmenschen, aus denen man pressen will, was nur Gott geben kann; dann kann aus der Gottesfrage der Schrei werden.

Ich möchte bitte nicht so verstanden werden, als wolle ich religiöses Tun einfordern, indem ich den Knüppel der Drohungen schwinge. Eine angstgeprägte Frömmigkeit wird Gott, dem guten Hirten, nicht gerecht. Aber ich möchte (als Mensch und als Christ) die ganze Wirklichkeit im Blick haben und nichts aus der Wirklichkeit ausblenden. Und zur ganzen Wirklichkeit gehören nun auch mal Niederlagen, Krankheit und Tod. Und weil mir Jesus wichtig ist, möchte ich verstehen, warum er ein solches Mitleid mit der Gottesnot der Menschen hat. Denn das Mitleid ist auch heute durchaus nicht ausgestorben. Es gibt Situationen, die allen an die Nieren gehen. Der Anblick verhungernder Kinder, gequälter Kriegsvertriebener, verstümmelter Verkehrsopfer. Das rührt alle an, die noch nicht verkümmert sind. Und solches Mitleid ist durch die unzähligen Katastrophen dieser Welt reichlich gefordert.

Ist nicht dieses Mitleid das wahrhaft aktuelle, und kommt es nicht allein auf dieses Mitleid als das echt menschliche an? Einverstanden.

Aber stellen wir uns einen Augenblick vor, alle Menschen würden nach dem Willen Gottes leben. Ich spreche von dem Gott, den Jesus uns nahegebracht hat, den, den er unseren Vater nennt, der uns zur Versöhnung, zur Güte und zum Helfen aufruft, der unser guter Hirte sein will, wenn auch nicht gegen unseren Willen.

Stellen wir uns einen Augenblick vor, die Menschen würden nichts wichtiger finden, als sich an diesem guten Hirten zu orientieren, sich in seine Liebe zu stellen und sein Gebot der Liebe zu erfüllen. Dann gäbe es keinen Krieg. Niemand würde sich mit Alkohol ans Steuer setzen, niemand brauchte zu hungern, und unermessliche Energien würden frei zur Bekämpfung von Krankheit und Naturkatastrophen.

O ja, Jesus hat Mitleid mit der aktuellen Not. Aber er sieht auch die Wurzel, und die Wurzel ist für ihn die Gottesnot. Mitleid allein reicht nicht. Es muss gehandelt und geheilt werden. Aber das Handeln und Heilen muss an der Wurzel ansetzen. Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und alles andere wird euch dazugegeben. Jeder Mensch, der sich um die Sache Jesu müht, arbeitet mit an der Hoffnung der Welt und an der seinen. Wie steht es mit Ihrer Mitarbeit an der Sache Jesu?

Ich sprach von der Interesselosigkeit und von den falschen Vorstellungen von Gott. Vielleicht gehört dazu auch die Vorstellung, auch Gott habe an uns kein wirkliches Interesse.

Schaffen Sie es, sich einen Augenblick innerlich dafür zu öffnen, dass Gott jetzt Ihren Blick sucht und Sie mit gütigen Augen anschaut? Können Sie seinen Blick erwidern?