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Ich will wissen, ob es Gott gibt. (4. Sonntag der Osterzeit 2003)

Datum:
11. Mai 2003
Von:
Heinz Büsching

Ich will wissen, ob es Gott gibt. Und wenn es ihn gibt, will ich wissen, ob er sich für mich interessiert. Spricht er mit mir? Oder spricht er nicht mit mir?

Wenn ich solche Fragen stelle, dann tue ich nicht als ob. Ich bin Gottsucher und ich bleibe Gottsucher. Und wenn ich etwas im Leben gelernt habe, dann dies: dass ich mich immer wieder neu zu ihm auf den Weg machen muss.

Mir hilft der Gedanke, dass der Glaube an Gott Menschheitsüberzeugung ist. Sie geht über alle Kulturen zurück bis zu den Ursprüngen. Diese Menschheitsüberzeugung beruht auf Beobachtungen und Erfahrungen, die auch heute noch gemacht werden können. Da ist die Ordnung und Schönheit der Natur. Da ist die geistvolle Architektur des gesamten Kosmos. Da ist die Stimme des Gewissens. Da ist die Sehnsucht, die uns ins Herz gelegt ist.

Wenn ich die Menschheitserfahrung annehme, die Erfahrung von Sinn und Urgewalt, von Ordnung und Geist, wenn ich sehe, dass die Menschen aller Zeiten die göttliche Kraft hinter den Dingen wahrnehmen – dann bleibt Gott doch immer noch unfassbar und namenlos. Und die vielen Namen, die die Menschen Gott in der Geschichte gegeben haben, verstärken in mir die Vorsicht, Gott allzu schnell zu benennen.

Ich fand bei Martin Buber und bei Karl Rahner ein anderes Wort für Gott, ein ganz offenes und weites Wort, das zu meiner Vorsicht passt. Es ist das Wort: Geheimnis. Gott ist ein unendliches Geheimnis. Oder, schon etwas gläubiger formuliert: ein heiliges Geheimnis.

Die Stellen der heiligen Schrift, die von den unauslotbaren Tiefen Gottes sprechen, tragen für mich den Stempel der Wahrheit an sich. Denn ein Gott, der sich ausloten, durchschauen und umfassen lässt, ein Gott, den ich im Experiment beherrschen oder durch irgendeinen Zauber zum Sprechen bringen kann, der ist keiner.

Je mehr mich die Größe Gottes beeindruckt, die unendliche Größe, von der die Vielfalt und Weite des Kosmos mir eine Ahnung vermittelt – je mehr ich mir der Un-Umgreifbarkeit und der unendlichen Geheimnishaftigkeit Gottes bewusst werde, desto dringlicher wird für mich die Frage: Interessiert der sich für mich? Spricht der mit mir? Und wenn er nicht mit mir persönlich spricht – spricht er vielleicht mit der Menschheit als ganzer?

Doch ehe ich mich umhöre, ob ich nicht irgendwo die Stimme Gottes vernehme; ehe ich in mich hineinhöre, ob ich nicht dort die Stimme Gottes wahrnehme; ehe ich in die menschliche Geschichte hineinhorche, um vielleicht dort aus den vielen Stimmen die Stimme Gottes herauszuhören – ehe ich hinhöre, mache ich mir klar, dass ich keine Bedingungen zu stellen habe. Ich mache mir meine Winzigkeit bewusst. In den Millionen Jahren der Geschichte und in der Weite des Weltenraumes bin ich nur ein Stäubchen. Ich hatte keine Macht über meinen Anfang, und auch meinen Tod muss ich hinnehmen. Nein, ich habe keine Bedingungen zu stellen. Keine Bedingungen, wann und auf welche Weise Gott sich zu äußern habe. Ich muss demütig werden.

In meinem Gott-Suchen höre ich dieses Evangelium. Da ist von einer Stimme die Rede. Es ist keine wissenschaftliche Stimme. Es ist eine Stimme, die jeder verstehen kann. Es ist die Stimme eines Hirten. Die Schafe kennen sie. Sie vertrauen ihr. Die Stimme führt sie ins Freie.

Über dieses Evangelium höre ich diese Stimme auch. Kann ich ihr glauben? Kann ich glauben, dass diese Stimme die Tür zum unendlichen Gott ist? Es geht um die Stimme Jesu. Es geht darum, wie viel mir seine Stimme gilt. Diese Stimme stellt den Willen des unendlichen Gottes über alles. Dein Wille geschehe. Das heißt für mich: glaubwürdig von Gott reden. Aber unendlich ist auch die Güte, die aus dieser Stimme kommt. Sie übersteigt das menschenmögliche.

Warum sind wir jetzt hier? Nicht nur, um die Botschaft dieser Stimme zu hören, sondern auch, um zutraulich zu werden. Hören wir in der Stille ein bisschen in uns hinein.