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Glauben: ja – aber was? (2. Sonntag der Osterzeit 2003)

Datum:
27. Apr. 2003
Von:
Heint Büsching

Die Frage heißt nicht: glauben oder nicht glauben?, sondern: glauben: ja – aber was?

Alle Menschen glauben. Ohne zu glauben, können wir gar nicht leben. Schon im Alltag geht es nicht ohne Glauben. Ständig sind wir auf Informationen angewiesen, die wir glauben müssen: angefangen vom Schulwissen, über jeden Zeitungsbericht bis zum persönlichen Wort, mit dem mir jemand etwas versichert.

Was mir da alles gesagt wird, das kann ich gar nicht alles nachprüfen oder jedes Mal darauf bestehen, dass ich die Wahrheit des Mitgeteilten auch sehe. Das meiste von allem, was wir für wahr halten, haben wir nicht durch Sehen, sondern durch Glauben übernommen. Niemand von uns hat Alexander den Großen gesehen oder die Rückseite des Mondes oder die Atome, aus denen wir bestehen – aber niemand von uns zweifelt an deren Realität.

Genauso grundlegend-menschlich wie dieses alltägliche Glauben ist der Glaube im religiösen Sinn. Für jeden Menschen gibt es einen Wert, auf den hin er sein Leben sammelt. Für jeden Menschen gibt es ein Allerwichtigstes. Für jeden Menschen gibt es ein letztes und höchstes Ziel, dem die Hingabe seines Lebens gilt. Kein Mensch gibt sich mit Essen, Trinken und Schlafen zufrieden. Er muss etwas unternehmen, etwas tun, was ihn über das Vordergründige hinausführt. Jeder Mensch ist bemüht, weiterzukommen, Fortschritte zu machen – ja wohin? Wo liegt sein gelobtes Land? Was ist es, wonach er sich sehnt? Ist es Gott? Sind es die Götter? Ist es der Himmel? Sind es die fortlebenden Vorfahren, an deren Gräbern sich Menschen gläubig versammeln?

In diesem hergebrachten Sinn gibt es überall auf der Erde den Glauben, ja, die Forschung sagt uns, dass es kein Volk auf der Erde gibt, bei dem sich nicht solch religiöser Glaube nachweisen ließe. Aber haben nicht viele Menschen, ja ganze Völker, den Glauben verloren? Doch sie haben wohl nur den alten Gott oder die alten Götter oder den alten Himmel aufgegeben.

Deren Plätze sind aber nicht frei geblieben. Neue Götter sind an die Stelle getreten. Der Mensch kann gar nicht aufhören, über seinen Gartenzaun hinauszublicken, er muss über sich hinausstreben, er sucht und braucht ein letztes und höchstes Ziel, etwas, auf das er zusteuert, etwas, wofür er andere Dinge beiseitelässt. Vieles kommt in Frage, was der Mensch vergöttern kann: den Erfolg, die Macht, das Prestige. Vielleicht wird er sagen: den Erfolg kann ich   s  e  h  e  n  , Macht kann ich     s  e  h  e  n  , und Prestige ist geradezu     A  n  s  e  h  e  n  .     Das stimmt. Und es stimmt eindrucksvoll. Aber ob das, was ich da sehe, wirklich das Wichtigste ist, ob die Hingabe sich lohnt – das muss ich glauben. Warum ich gerade diesen Wert als den höchsten wähle und anderes beiseitelasse, das ist eine Frage des Glaubens.

Was glauben Sie? Wohin steuern Sie Ihr Leben? Auf welches Ziel gehen Sie zu? Ich habe drei Fragen.

1. Haben Sie den Mut, Ihr  g  a  n  z  e  s  Leben in den Blick zu nehmen, von jetzt bis zur Stunde Ihres Todes?

2. Glauben Sie, dass Jesus von den Toten auferstanden ist?

3. Glauben Sie an die eigene Auferstehung?

Mein Anliegen ist, Sie zu bitten, dass Sie letzten Fragen nicht ausweichen. Einfach mitlaufen, sich nur schieben lassen, zu sagen: "Ma gucken", das entspricht nicht dem Adel und der Würde des freien Menschen. 

Der Thomas im heutigen Evangelium hat Schwierigkeiten mit dem Glauben an die Auferstehung. Was macht er? Er sucht die Gemeinschaft auf. Er spricht mit den Freunden. Er spricht seine Zweifel deutlich aus. Mitten im Glaubensgespräch ist Jesus auf einmal da und verschafft ihm Klarheit. Was machen Sie, wenn Sie zweifeln?