Zum Inhalt springen

Du bist einmalig ... (12. Sonntag im Jahreskreis 2002)

Datum:
23. Juni 2002
Von:
Heinz Büsching

Ist Ihnen bewusst, dass Sie einmalig sind?

Dass es auf der ganzen Welt keinen Menschen gibt wie Sie? Dass es in den Millionen Jahren der Geschichte keinen wie Sie gegeben hat und dass Sie in Ewigkeit einmalig bleiben werden? Man könnte schwindelig werden. Nicht nur Ihre Fingerabdrücke sind einmalig, auch Ihre Stimme ist es, Ihr Gesicht, Ihre Lebensgeschichte, Ihr Wesen, Ihr Herz.

Was bedeutet Ihnen Ihre Einmaligkeit? Leben Sie aus dem Bewusstsein Ihrer Einmaligkeit? Welche Rolle spielt Ihre Einmaligkeit für Ihren Lebensstil und für die Entscheidungen, die Sie treffen?

Es gibt den Wind, der daran arbeitet, Ihre Einmaligkeit abzuschleifen. Und es gibt den Sand, der Ihre Einmaligkeit zuschütten will. Ich meine dies: Verspüren Sie nicht manchmal den Wunsch, so zu sein wie die anderen? Zu haben, was die anderen haben? Sich darzustellen, wie die anderen sich darstellen? Wie oft kommt Ihnen der Gedanke: kann ich mithalten? Kennen sie die Angst, anders zu sein als die andern; die Angst aufzufallen; Außenseiter zu werden? Da möchte man sich doch lieber anpassen.

Manchmal kommt vielleicht auch die Trauer hoch: Die anderen können so gut reden. Die andern sind so selbstbewusst. Die andern haben etwas, was ich nicht habe. Die andern gehören so richtig dazu. Und dann fühlt sich einer einsam bis zum Nicht-mehr-leben-Wollen. Offensichtlich gehört auch Mut dazu, zu seiner Einmaligkeit zu stehen und seine Einmaligkeit zu leben.

Jetzt muss ich natürlich unbedingt auch sagen, dass der Mensch ein Gemeinschaftswesen ist; dass wir auf das Zusammenleben mit andern hin angelegt sind; dass wir den lebendigen Kontakt mit den andern brauchen; dass wir ohne die andern nicht existieren und nicht glücklich sein können. Die Angst, den Anschluss zu verlieren, die Angst, ins Abseits zu geraten – sie ist weiß Gott verständlich. Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen; dem muss unser Leben gerecht werden, und dazu ließe sich viel sagen.

Aber heute möchte ich über Ihre und meine Einmaligkeit reden. Das Evangelium hat mich darauf gebracht. Gott liebt jeden einzelnen von uns so sehr, und so persönlich und so fürsorglich, dass er sogar die Haare auf unserem Kopf zählt. In dieser Liebeserklärung schwingt nicht nur das Einmalig-Persönliche seiner Zuwendung mit, sondern auch väterlicher Humor; die Zahl der Haare auf unsern Köpfen ist ja recht unterschiedlich.

Es gibt eine Redensart, die die Einmaligkeit des einzelnen Menschen in Frage stellt. Ich habe sie oft gehört, und immer hat sie mich geärgert. Diese Redensart lautet: Jeder Mensch ist zu ersetzen. Als Arbeitskraft, als Stimmvieh, als Käufer im Supermarkt, als Zahl in der Statistik, als Rädchen im Getriebe mag ein Mensch ersetzbar sein. Du bist zu ersetzen – würde das auch Ihre Mutter sagen oder Ihr Vater oder Ihr Ehepartner oder Ihr Freund oder irgendwer, der sie gernhat?

Was Sie auf die Frage nach Ihrer Ersetzbarkeit von Ihren Lieben zu hören kriegen, das sagt noch viel lieber der liebe Gott. Gott sagt zu dir:

Für mich bist du unersetzlich, unendlich wertvoller als alle Spatzen. Ich interessiere mich für dich total. Ich interessiere mich sogar für jedes Haar auf deinem Kopf. Du bist von Ewigkeit her von mir gewollt und geliebt.

Wenn Sie so bestätigt werden, dann können sie zu Ihrer Einmaligkeit stehen. Und was die Gemeinschaft angeht: die ist erst schön, wenn sie aus Originalen besteht. Nein, Sie brauchen niemanden zu fürchten, der Sie auf seinen Leisten schlagen will. Wenn Sie sich zu sich selbst bekennen, dann bekennen Sie sich zugleich zu dem, der Sie so gewollt und gebaut hat.

In der Taufe wird dargestellt, dass Gott seine Hand auf Sie gelegt hat. Können Sie sich vorstellen, dass Gott jetzt seine Hand auf Sie legt und zu Ihnen sagt: für mich bist du einmalig.

Mt 10, 26 - 33

26 Darum fürchtet euch nicht vor ihnen! Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird. 27 Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet im Licht, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet auf den Dächern! 28 Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch eher vor dem, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann! 29 Verkauft man nicht zwei Spatzen für einen Pfennig? Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde ohne den Willen eures Vaters. 30 Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. 31 Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen. 32 Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen. 33 Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen.