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Der Fernseher bleibt aus. (Erster Fastensonntag 2003)

Datum:
9. März 2003
Von:
Heinz Büsching

Ich habe mir vorgenommen, in der Fastenzeit nicht fernzusehen.

Der Fernseher bleibt aus.

Muss ich mich denn nicht politisch informieren? Das kann ich auch aus dem Radio und aus der Zeitung. Gibt es nicht Sendungen, die ich gesehen haben muss? Nein, es gibt keine Sendungen, die ich gesehen haben muss. Und wie ist es mit den Sendungen, die durchaus als wertvoll einzuschätzen sind? Die will ich einmal lassen zugunsten der vielen anderen wertvollen Möglichkeiten, die aufgrund des Fernsehkonsums ständig zu kurz kommen.

Bei allen guten Anregungen, die es im Fernsehen gibt, ich erlebe das Fernsehen auch als Gefahr: Berieselung, wo ich zu mir selbst kommen müsste; Ablenkung, wo ich mich meinen Problemen zu stellen hätte; Abstumpfung, wo ich der eigenen Phantasie eine Chance geben sollte.

Fernsehen kann eine prima Sache sein. Aber in der kommenden Fastenzeit findet es ohne mich statt. Ich will mehr Ruhe haben, mehr Stille, mehr zu mir selbst kommen. Zum Abschalten und Aufbauen gibt es Bücher, Bilder, Musik und den guten alten Spaziergang. Ich hoffe, dass es mir gelingt, die Antennen meiner Seele in die Stille zu halten, damit ich Gottes Gegenwart besser wahrnehme. Diese Antenne hier soll mir ein Symbol sein. Ich möchte aufnahmebereiter werden für das, was Gott mir senden will. Ich bin überzeugt, dass ich in einer Atmosphäre der Ruhe nicht nur einem Menschen besser zuhören kann, sondern auch feinfühliger bin für Gott. Das Dauergeräusch, das pausenlose Anfluten, muss einmal abgestellt werden, damit ich besser auf Gott hinhören kann.

Was mich zu meinem Vorsatz anregt, ist die gute Erfahrung aller Religionen mit der Stille. Mohammed hat sich in eine einsame Höhle zurückgezogen, Buddha unter den Bodhi-Baum.

Die gute Erfahrung mit der Stille – aus dem heutigen Evangelium kommt sie mir entgegen mit dem Stichwort "Wüste".

In der Wüste hat Mose seinen Gott gefunden.

In der Wüste hat Elia sein Gottesbild geklärt.

In der Wüste hat Johannes der Täufer vom Kommen Gottes erfahren.

In der Wüste hat Jesus um seine Rolle als Mensch und Messias gerungen. Nicht nur in den 40 Tagen, sondern immer wieder hat sich Jesus aus dem Getöse zurückgezogen, um zu Besinnung zu kommen.

Wüste ist nicht wörtlich gemeint. Wüste steht für den Ort der Besinnung, für die Zeit der Stille, für den Raum des Ungestörtseins, den ich brauche, damit ich Mensch sein kann. Ich habe keine Sahara zur Hand. Meine Lebens-Situation gibt mir keine großen Freiräume. Aber ich will wenigstens die kleinen Möglichkeiten suchen, die Nischen der Stille, und nicht das bisschen Zeit, das ich habe, mir auch noch vertreiben.

Die Augenblicke der Stille können Augenblicke tiefen Glücks sein.

Aber sie können auch zur Qual werden.

Das heutige Evangelium lässt erkennen, dass das Ausschalten der Ablenkung hart werden kann. Auch die kleine Stille kann wüst werden. Da kommen die Plagegeister aus der Tiefe, quälende Erinnerungen, unterdrückte Ängste, all das Unerledigte, das wir mit unserer Hektik niederhalten, da will von uns bewältigt werden, was im heutigen Evangelium als Teufel auftritt. Doch da muss ich durch, wenn ich frei werden will, wenn ich klar sehen will. Doch es kommen ja auch die Engel, die guten, die überraschend guten Augenblicke, die ohne die Stille kaum zu haben sind.

Übrigens – mein Fernseher ist schon seit Aschermittwoch aus.

Es geht mir nicht nur gut – es geht mir sehr gut.

Was tun Sie in der Fastenzeit, um ein bisschen mehr zu sich selbst und zu Gott zu kommen?