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Das Weizenkorn muss sterben... – Osterkerze 2023

Uckerath - Altvertrautes Zitat ohne Bezug zum Hier und Heute? Überholt durch die Erfolge der Wissenschaft und Forschung? Soll das vielleicht sogar eine Aufforderung zum Selbstmord sein?
Datum:
9. Apr. 2023
Von:
bp

NEIN! Es ist ein Gleichnis aus Jesu Mund, festgehalten vom Evangelisten Johannes. Ein ziemlich Unbequemes sogar, denn es handelt von  Tod und Vergehen, von Ängsten und Alleinsein, aber auch von Verherrlichung und reicher Frucht. Es hat das Potential für heiße Diskussionen und vielschichtige Interpretationen und es lässt fast Niemanden, der es hört oder liest, kalt. In unserer Liturgie hat es einen festen Platz und ist Ausgangspunkt mancher Predigt.

Wieso also noch einmal darüber nachdenken? Aber ist das nicht mit vielen Dingen im Leben so?  Alles hat man schon einmal gehört oder vielleicht sogar gesehen. Viele von uns haben auch schon einmal den Satz gesagt: „Es kommt alles wieder.“ Warum ist das so? Warum dreht sich das Leben scheinbar im Kreis? Es müsste doch eigentlich immer vorwärts gehen.

Wir bewundern Menschen, die ihre Fröhlichkeit und Zuversicht nicht verlieren, egal wie schwierig die Lebensumstände auch sind. Wir haben Hochachtung vor denen, die sich völlig in den Dienst Anderer stellen. Wenn wir mit dem körperlichen Tod konfrontiert werden, können wir nur schwer die Endlichkeit unseres Seins ertragen. Wir wünschen uns ein gelungenes Leben und meinen damit einen guten Job, eine gute Partnerschaft, Kinder die ihren Weg finden und eine Umwelt, die friedlich und freundlich ist. Das ist absolut utopisch. Das erfahren wir oft genug. Einige von uns werden darüber griesgrämig und missgünstig, Manche zerbrechen sogar völlig und wieder Andere werden vollkommen gleichgültig. Diejenigen, die lebensbejahend und fröhlich durch alle Krisen hindurch kommen, haben – oft ohne es zu wissen – sich genau wie ein Weizenkorn verhalten. Sie sind einen kleinen Tod gestorben, weil sie loslassen konnten. Sie haben falschen Ehrgeiz begraben, Langmut bewiesen, die Hoffnung nie aufgegeben. Wie das Weizenkorn haben sie die harte Schale um ihre Seele geöffnet, sich verändert und einen Neuanfang gewagt. Genau dadurch haben sie das Leben neu gewonnen. 

Wenn wir uns alle als Weizenkörner begreifen, egal ob Groß oder Klein, Alt oder Jung, Geistlicher oder Politiker, können wir uns auf den Wunsch Jesu einlassen. Öffnen wir uns für das Neue, machen wir uns bereit auf Loslassen und Veränderung. Sterben wir den Tod des Festhaltens an Erstarrtem und wir werden ein völlig neues Leben gewinnen - bis in alle Ewigkeit hinein. Dann ist Sterben auch gar nicht so schlimm, wie es die kleine Hertha in der Geschichte von Wolfdietrich Schnurre formuliert.

Das alles greift das Motiv der diesjährigen Osterkerze auf.

Das Weizenkorn, aus dem eine reife Ähre erwachsen ist, lehnt sich an den Kreuzesstamm. Über der dunklen Erde, in der Alpha und Omega gut erkennbar ruhen, geht die Sonne des neuen Tages auf. Sinnbild für das neue, lebendige Leben aber auch für den neuen Menschen, der wir alle sein können.