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Christus ist da. Aber er ist nicht verfügbar (Dienstag der 3. Osterwoche 2020)

2020-04-28_Corona-Predigt
Datum:
28. Apr. 2020
Von:
Christoph Jansen

Liebe Freunde,

als ich zur Kommunion gegangen bin, in den 1970er Jahren, war es noch üblich, allen Kirchgängern, die an Ostern zur Kommunion gingen, einen Gebetszettel zu überreichen, auf dem zum Beispiel "Osterkommunion 1976" stand. Die Osterkommunion war etwas Feierliches, Besonderes. Viele, die sie empfingen, waren vorher bei der Beichte, und viele Katholiken hatten zuvor nicht auf den Kirchgang, aber doch auf den Kommunionempfang verzichtet. Es war eben etwas ganz Besonderes, den Leib Christi empfangen zu dürfen.

Inmitten der Diskussion, wie es aussehen kann, inmitten der Coronakrise wieder die heilige Messe zu besuchen, scheint einigen der Sinn für das Besondere, für das Einzigartige dieses Sakramentes abhandengekommen zu sein. Vor allem jene, die bis Mitte März regelmäßig die Eucharistie empfangen haben, können es nicht abwarten, dass nun endlich wieder öffentliche heilige Messen stattfinden.

Mich hat die Coronakrise gelehrt, dass die Eucharistie vor allem eins ist: nicht selbstverständlich. Als öffentliche Gottesdienste vor etwa sechs Wochen verboten wurden, war ich tief traurig, weil ich erwartete, dass die liturgische Feier der österlichen Gottesdienste nicht gemeinschaftlich möglich sei. Die Welt war für mich gerettet, als sich die Möglichkeit bot, unsere wichtigsten Gottesdienste zu streamen und so live zu vielen Menschen nach Hause zu bringen.

Noch in den 1970er Jahren war die Teilnahme an den Gottesdiensten wichtiger als der persönliche Empfang der Eucharistie. Dieses Kommunizieren gönnte man sich wie das Festessen am Ostertag, es war ein ganz besonderer Moment.

Im Laufe der Jahre hat es sich durchgesetzt, dass alle Teilnehmer der heiligen Messe die Eucharistie empfangen. Man reiht sich in eine Schlange ein und jeder empfängt den Leib Christi. Es fällt niemand mehr auf, der vortritt und den Leib Christi empfängt. Vielmehr ernten jene Gottesdienstteilnehmer verwirrte oder schräge Blicke, die nicht gehen. Manch einer denkt vielleicht sogar: "Der ist bestimmt geschieden oder sogar evangelisch".

Vielleicht tut es uns ganz gut, den Leib Christi nicht mehr immer selbstverständlich zur Verfügung zu haben. Der nun seit sechs Wochen andauernde Karfreitag tut vielleicht sogar gut. Manche fromme Menschen sprechen sogar von einer Art eucharistischem Heilfasten. Wir solidarisieren uns so mit den vielen Menschen in Amazonien und anderen Regionen der Welt, wo oftmals nur einmal im Jahr ein Priester in die Dörfer kommt und die heilige Messe feiert. Da ist der Leib Christi wirklich etwas ganz Besonderes, ein einmaliges Zeichen. Es ist ein feiner Unterschied, ob ich nun sage: Christus ist da oder Christus ist verfügbar.

Vielleicht kommt jetzt der eine oder andere mit dem Auftrag Jesu vom letzten Abendmahl, als er - wie in den Wandlungsworten zitiert - zu seinen Jüngern sagt: "Tut dies zu meinem Gedächtnis". Allerdings war dieses letzte Abendmahl ein Pessach, und dieses Fest der ungesäuerten Brote feiern die Juden nicht jeden Sonntag, sondern nur einmal im Jahr.

Mir ist der Empfang der Eucharistie heiliger geworden, weil Christus im gewandelten Brot heute nicht immer und überall verfügbar ist. Ich bitte alle, die eine tiefe Sehnsucht nach dem Empfang des Leibes Christi spüren, um ein Gespür für das Besondere, das in diesem Sakrament steckt. Und wenn es demnächst einigen wenigen Gläubigen wieder möglich ist, die Eucharistie zu empfangen, drängeln Sie sich nicht vor. In der Warth haben wir dafür im Moment nur 30 Plätze, in Uckerath knappe 40. Wenn Sie den besonderen Moment erlebt haben, reicht es vielleicht aus, sich eine Weile mit dem Livestream zu begnügen und anderen den Vortritt zu lassen. Christus ist da, er ist uns ganz nah. Aber er ist nicht verfügbar. Er ist der Herr, nicht wir die Herren über ihn. Vielleicht ist die Coronazeit unter anderem dafür gut, Heiliges, das immer heilig war, ganz neu zu entdecken.

Ihr und euer

Christoph Jansen