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Alaaf und Amen (8. Sonntag im Jahreskreis 2003)

Datum:
2. März 2003
Von:
Heinz Büsching

Die Wampe weitet sich ins Runde;

es mehret sich die Zahl der Pfunde;

der Nacken wandelt sich in Speck;

längst ist die schlanke Linie weg.

 

Wo kommen bloß die Pfunde her?

Warum passt keine Hose mehr?

Nein, ich kann mich nicht belügen.

Es muss am guten Essen liegen.

 

Längst schon sagt mir mein Gefühl:

Du isst zu gut. Du isst zu viel.

Bleibt das Essen deine Wonne,

wirst du immer mehr zur Tonne.

 

Ich spüre die Erkenntnis steigen,

ich kann sie mir nicht mehr verschweigen:

um den Körper zu entlasten,

müsste ich mal ernsthaft fasten.

 

Fasten? Nein! Wie fürchterlich!

Gegen Fasten wehr ich mich.

Kann ich nicht mehr lecker schmausen,

geht die Lebensqualität mir sausen.

 

S p a ß will ich vom Leben haben,

nicht hungernd durch die Gegend traben.

Fasten – das verdirbt den Spaß,

den ich mir nicht nehmen lass.

 

Da frag ich aber nun nachdrücklich:

Was macht dich im Leben glücklich?

Ist Schlemmen deine Seligkeit,

sei mal zu Selbstkritik bereit.

 

Einerseits, das geb ich zu,

denken viele so wie du.

Die feierten – fast ohne Rest –

Weihnachten als Schlemmerfest;

denn sie stehen mehr auf Kehle

und auf Gaumen statt auf Seele.

St. Paulus sagt von ihnen auch:

seht, ihr Gott: das ist der Bauch.

 

Andrerseits ist zu bedenken:

Gott will uns die Freude schenken.

Das weiß jeder echte Beter:

Gott – der ist kein Miesepeter.

Und St. Paulus wird‘s nicht leid

zu rufen: Freut euch allezeit.

 

Es weiß, wer seinen Herrgott kennt:

das täglich Brot ist uns gegönnt,

geschenkt zu Stärkung und Behagen,

geschenkt, zur Freude beizutragen.

An unsres Herrgotts guten Gaben

sollen wir uns fröhlich laben.

 

Doch findet sich der fröhlich Satte

alsbald auch wieder auf der Matte,

für diese Weisheit dann empfänglich:

Gaumenfreuden sind vergänglich.

Du sollst beim Lob des Essens bleiben,

doch du darfst nicht übertreiben.

Selbst 3 x täglich Leibgericht

führt zum Lebensglücke nicht.

 

Bedenk ich solches ernst und weise,

raunt mein Inneres ganz leise:

zum Fasten sag nicht vorschnell nein,

es könnte dir sehr nützlich sein;

es könnt‘ an dir was korrigieren

und zu much more wellness führen:

könnt‘ korrigieren dein Gewicht.

wie‘s der Gesundheit recht entspricht,

und zweitens, dies nicht zu vergessen,

deine Einstellung zum Essen.

Findest du das rechte Maß,

erreichst du sicherlich mehr Spaß.

 

Dem, der sich ans Fasten wagt,

hab‘ ich dem alles schon gesagt?

Diese Frage treibt mich um,

les‘ ich im Evangelium.

Gesundheit, Wohlbefinden, Maß,

schlanke Linie – war es das?

Denk ich vom Evangelium her,

ist das Fasten noch viel mehr.

 

Such ich nach dem ganzen Sinn

schau ich auf mein Vorbild hin.

Drum frage ich jetzt mal gezielt,

wie‘s Jesus mit dem Fasten hielt.

 

Seine große Wirksamkeit

begann mit einer Fastenzeit.

Zum Fasten (wie erinnerlich)

begab er in die Wüste sich.

 

Warum die Stille und das Rasten?

Warum die Wüste und das Fasten?

 

Nicht, um da mal abzunehmen;

nicht, um dort den Stress zu zähmen;

nicht aus Freude an der Muße;

nicht zur Sühne, nicht zur Buße;

nicht aus Selbstbestrafungslust,

nicht als Mittel gegen Frust.

Und unser Schlankheitsideal

war ihm ganz bestimmt egal.

 

Warum die Stille und das Rasten?

Warum die Wüste und das Fasten?

 

Ich rufe in Erinnerung:

Fasten ist nicht neu und jung.

In allen großen Religionen

gibt es Fasten-Traditionen.

Menschen haben früh entdeckt,

welcher Wert im Fasten steckt;

seit vielen Tausenden von Jahren

haben sie ihn tief erfahren.

 

Die nach guten Regeln fasten,

sich ins Fasten-Feeling tasten;

die den Hunger cool bezwingen,

sich auch durch harte Stunden schwingen;

die, statt am Hunger festzukleben,

der Seele reiche Nahrung geben –

die lassen fastend sich hinführen

zu neuem Ahnen, neuem Spüren,

zu Horizonten, die sich weiten,

zu neuen inn‘ren Möglichkeiten;

Erdenschwere kann sich heben,

und die Seele kommt ins Schweben.

Am schönsten ist, wenn es gelingt,

dass Fasten dich Gott näher bringt.

 

So ist es Jesus einst gelungen,

als er um seinen Weg gerungen

in der Wüsten-Einsamkeit,

mit bösem Geist in hartem Streit;

als er fastend Klarheit fand

und den Versucher überwand –

in der Stille und im Rasten,

in der Wüste und im Fasten.

 

Fasten, so durch ihn geheiligt,

lässt uns nicht mehr unbeteiligt.

Er hat ein Ideal errichtet,

ein Ideal, das uns verpflichtet.

 

Doch beim Versuch, ihn zu kopieren,

würden wir den Mut verlieren.

 

Im Geiste Jesu sinnvoll fasten

heißt nicht: neue schwere Lasten.

Für Fasten gibt es keine Normen,

Fasten gibt‘s in vielen Formen.

 

Zum Beispiel (viele kennen‘s wohl):

Fasten strikt vom Alkohol;

Fasten auch von Zigaretten,

von Aufputsch-Mitteln und Tabletten.

Vielen Menschen tät auch gut

das Fasten von der Arbeitswut;

sich den Walkman mal verkneifen

oder mal aufs Fernsehn pfeifen;

um Süßes einen Bogen machen,

über Mohrenköpfe lachen;

sich nicht in Ablenkungen stürzen;

sich mal mit sich selber würzen.

 

Sich konsequent mal einzuschränken,

heißt auch: heftig an die denken,

die – ohne Chance, sich zu laben –

immer immer Hunger haben.

 

Die Zeit des Fastens ist gekommen,

wenn der Bräutgam uns genommen.

Ist der Weiße Sonntag aus,

die Begeistrung gründlich raus;

ging Gottes Stimme dir verloren,

ist nur noch Welt in deinen Ohren;

fragt man dich mit leisem Spott:

wo ist denn jetzt dein lieber Gott?

Verspürest du mit einem Mal:

Gott wird mir immer mehr egal;

macht sich in deiner Seele breit

die Kälte und Gleichgültigkeit –

dann, wie im Jesu-Wort vernommen,

ist der Bräutgam dir genommen.

 

Dann wird es allerhöchste Zeit.

Mach für Gott dich wieder weit.

Bring die Kraft, die du noch hast,

in Fasten ein, das zu dir passt.

 

Allen, die heut Zeit sich nahmen,

allen Müden, allen Lahmen,

allen Wilden, allen Zahmen –

allen, die heut Zeit sich nahmen,

auch Karneval zur Kirche kamen,

sag ich jetzt: Alaaf und Amen!