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Fronleichnam 2020

2020-06-11 Fronleichnam 17
Datum:
11. Juni 2020
Von:
Leszek Paszkiet

Liebe Christen,

vielleicht haben Sie das auch schon einmal erlebt. Eine und dieselbe Idee oder Botschaft löst bei einem Zuhörer Begeisterung aus, bei einem anderen Verärgerung und der dritte versteht nicht so recht, was Sie meinen. Das ist bei Gottes Wort nicht anders, trifft es uns doch in unserer ganz persönlichen Situation, und die ist bei jedem von uns anders und außerdem ändert sie sich im Laufe der Zeit.

In den letzten drei Monaten haben sich viele Worte aus der heiligen Schrift neu erschlossen. „Fürchtet euch nicht“ sagt Jesus und fordert uns immer wieder auf, keine Angst vor dem Nächsten zu haben und auch bei Bedenken – in aller Vorsicht – immer aufeinander zu gehen.

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„Ich bin bei euch“ – das ist Trost und Aufforderung zugleich. Bei den Menschen sein, sich nicht verstecken. Das ist unsere Aufgabe.

In diesem Zusammenhang hat sich ein völlig falsches Wort in unserem Leben breit gemacht, und ich wünsche mir von Herzen, dass das ganz schnell wieder verschwindet. Es ist das Wort „Social Distancing“. Es ist falsch und fordert uns zum Rückzug auf, anstatt auf den Nächsten zu achten. Christen sollten sich auf keinen Fall sozial diszanzieren. 

2020-06-11 Fronleichnam 25

Was das Virus von uns fordert, ist „physical distancing“, Abstand halten, aber eben ohne sich aus den Augen zu verlieren und ohne sich zurückzuziehen. In dieser Zeit der Einschränkungen unseres Lebens habe ich immer nach Möglichkeiten gesucht, Machbares auch zu tun, ohne mich und andere zu gefährden. Wie gut es mir gelungen ist, mögen andere beurteilen, aber genau das ist die Aufgabe von uns allen. Nicht einfach nichts tun, sondern machen, was geht, und das mit Begeisterung.

 

Fronleichnam ist ein Fest mit einer großen Botschaft. Das letzte Abendmahl ist der „Startschuss“ dazu. Jesus gibt sich hin, schenkt sich uns, und wir wollen an ihm Anteil haben. An Ostern besiegt er den Tod, und wir, die wir das Brot von ihm empfangen haben, haben auch Anteil an dieser Kraft, die stärker ist. Aber das gute Gefühl, mit Christus stärker zu sein als der Tod, reicht nicht, um diese Botschaft weiterzutragen.

 

Deshalb schenkt uns Christus den heiligen Geist. Jetzt kann er durch jeden Menschen wirken, auch durch uns, und Begegnung miteinander kann Begegnung mit ihm sein. Dieses Zeichen wird sichtbar durch die Art und Weise, wie wir Fronleichnam feiern. 

2020-06-11 Fronleichnam 37b

Christus sagt zu uns: „Folgt mir nach“, und wir gehen ihm hinterher. Sichtbar ist das in den Prozessionen, die in normalen Jahren überall stattfinden. Danach erleben sehr viele Gemeinden ein fröhliches Fest der Begegnung. Und wenn ich in normalen Jahren sehe, wie viele Menschen dabei sind, wenn wir Fronleichnam feiern, bin ich zuversichtlich, dass die Gemeinschaft der Glaubenden auch in unserer Zeit lebt.

 

Wenn nun in diesem Jahr der Leib Christi durch unsere Straßen getragen wird, ohne dass sichtbar viele Menschen ihm folgen – Grund ist das von uns geforderte physical Distancing – lade ich alle, die aus der Ferne diese winzige Prozession miterleben, dazu ein, sich zu fragen:

Wie folge ich Jesus in meinem Leben nach?
Wie kann ich das auch in der Pandemie tun?
Was ist für mich möglich?


Und:

Werde ich wieder dabei sein, wenn die Situation es erlaubt?
Wie trage ich Christus zu den Menschen, zu ihren Häusern, in ihre Straßen? 

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Ich lade Sie alle dazu ein, innerlich dabei zu sein. Vielleicht wird dieses Erlebnis viel intensiver sein als die sonst oft so selbstverständliche Teilnahme an Prozession und Pfarrfest.

Heute spricht der Auferstandene jeden von uns an.

„Ich brauche dich.
Mit deinen Fähigkeiten, deinen Talenten, deiner Begeisterung.
Fromm musst du nicht sein. Sei lieber du selbst.
So folge mir nach.“

 

Wenn wir Christus so folgen, innerlich und überzeugt, in diesem Jahr mit dem Herzen, nicht mit den Füßen, vielleicht ist dann diese Prozession sogar noch länger als sonst und die Begegnung mit Anderen noch intensiver als auf dem Fest.

 

Das wünsche ich Ihnen und mir an Fronleichnam 2020.


Amen.