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Update vom Ende der Welt

Mittlerweile bin ich schon seit zwei Monaten in meiner vorübergehenden neuen Heimat. Unser Alltag hat eine gewisse Routine angenommen und es sind die Wochenenden, die uns die nötige Abwechslung und die Erlebnisse bescheren.
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Datum:
29. Sep. 2018
Von:
Yolanda Bördgen
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Ich arbeite an vier Tagen, von Dienstag bis Freitag. Samstag und Sonntag habe ich bis auf den sogenannten „Train Run“ abends frei und montags muss ich nur bei Bedarf einspringen. Bei dem „Train Run“ holen wir, meine Mitbewohnerin Fiona und ich, die Mädchen, die im Internat wohnen vom Zug und vom Bus ab. Meine sonstigen Arbeitstage sind geteilt in meine Mitarbeit in der Schule vormittags und die Arbeit im Hostel, also unserem Internat, nachmittags. Hinzu kommt die Frühstücksschicht.

Das heißt für mich, vier Mal in der Woche morgens um viertel vor Sieben im Matrons Office (dem Büro der Internat Betreuerinnen) stehen, um dann um Punkt sieben mit allen Mädchen das Frühstück in der Dinning Hall zu beginnen. Der Ablauf des Frühstücks war für mich sehr gewöhnungsbedürftig. Alle Mädchen müssen um Punkt sieben Uhr still hinter ihren Stühlen in der Halle stehen. Anschließend sagt eine der Schülerinnen das Essensgebet und dann dürfen die „Staffmember“, also wir, unser Essen holen. Uns folgen die Year 13, und dann, nach Tischen geordnet, der Rest. Nach dem Frühstück räumen dann die Schülerinnen unseren Tisch mit ab und wischen den Tisch danach auch. Wenn alles ordentlich ist und alle still sitzen und leise sind, werden die wichtigsten Informationen für den nächsten Tag genannt und die Schülerinnen dürfen nacheinander gehen. Immer eine Gruppe Schülerinnen, die an einem Tisch sitzt, muss anschließend die restlichen Stühle hochstellen, den Raum fegen und das Buffet wischen. Das ganze Frühstück läuft unglaublich respektvoll und, in einer gewissen Weise, auch streng ab. Sobald die Schüler die Halle jedoch verlassen haben, ist das Verhältnis zu den Matrons unglaublich herzlich und offen und die Schülerinnen vertrauen den Betreuerinnen wirklich sehr viel an. Sie sind ein bisschen, wie eine zweite Mutter für sie. Das ist echt schön zu sehen.

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Neben unserem Schulalltag gibt es auch immer wieder unterschiedlichste Schulveranstaltungen, die es abwechslungsreich und interessant halten und Projekte und AG’s, in die wir miteingebunden werden.

Hier an der Schule ist jeder Sport in Winter- und Sommersport eingeteilt. Da die Wintersaison bald vorbei ist, endet hier auch Fußball, denn nur wenige Sportarten wie Netball, Rugby und Hockey werden ganzjährig gespielt. Jede Schülerin muss an dieser Schule einen Wintersport belegen. Dementsprechend gab es auch mehrere Fußballteams. Zwei gute, und dann noch eins, in dem alle waren die keine Lust auf Sport hatten, zu träge sind oder einfach nur Spaß am Spiel ohne Wettkampfdruck haben wollten. Das Team hatte leider keinen wirklichen Trainer, weshalb ich direkt in der zweiten Woche das Training mit ihnen übernommen habe. Eine große Herausforderung auf jeden Fall. Ich wurde mit Fragen konfrontiert, die beispielsweise lauteten: „Wie schieße ich den Ball?“, „Darf ich den Ball in die Hand nehmen?“ und „Warum muss ich dahin laufen, die anderen sind doch eh schneller am Ball“. Ihr könnt euch sicher meinen Gesichtsausdruck vorstellen, aber nachdem sie die Hälfte ihrer Saison nichts gemacht hatten und alle Spiele haushoch verloren hatten, fanden die meisten Mädels die Idee, etwas zu lernen ganz spannend. So startete also unser Fußballtraining. Die ersten zwei Spiele waren weiterhin sehr unterirdisch. Aber so langsam wurde es besser. Und man mag es kaum glauben, das vorletzte Spiel haben sie nur noch 4:0 und nicht mehr zweistellig verloren. Heute war das letzte Spiel der Saison, und ich bin so stolz auf alle. Diesmal haben alle bis zum Ende gespielt, hatten Spaß daran, waren motiviert und hatten ernstzunehmende Torchancen. Leider haben sie 1:0 verloren, aber sie hatten eine berechtigte Chance auf den Sieg und hatten wirklich Pech. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was das für ein Erfolg für die Mädchen war. Leider ist das jetzt für das nächste halbe Jahr erstmal vorbei, aber der Lehrer hat schon gefragt, ob ich nächsten Winter wieder ein Team trainieren möchte und hat mir angeboten mir ein Team auszusuchen. Die Lehrer sind, wie ihr seht, echt total lieb hier zu uns.

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Eine weitere lustige Story gibt es vom „Cross Country“-Lauf. Ich setzte mal voraus, dass ihr alle mit dem System der Häuser von Harry Potter vertraut seid. So ähnlich sind hier alle Schülerinnen auch in vier Häuser aufgeteilt. Durch Bestnoten, Engagement oder eben gute Zeiten bei dem „Cross Country“ Lauf kann man sich Punkte für sein Haus verdienen. Bei dem besagten Lauf mussten die Schülerinnen ca. 3km durch die Gegend rennen. Doch damit nicht genug, alle haben sich in Farben der Häuser kostümiert mit Tüllröckchen über der Shorts, bunten T-Shirts, Schleifchen in den Haaren und Schminke und Glitzer in den entsprechenden Farben. Das sah sehr lustig aus und auf der Facebookseite vom Solway College findet ihr auch Bilder davon. Wir durften leider nicht mitlaufen, da wir einen wunderbaren Streckenposten dargestellt haben, aber allein zuzuschauen hat uns Freude bereitet.

An einem Abend hatten wir auch einen Auftritt mit dem Schulchor, das war ein bisschen wie Jugend Musiziert (falls Euch das was sagt) aufgebaut, nur dass es keine Punkte oder Plätze im Nachhinein gab. Unser Chor war dabei zwar nicht besonders gut, verglichen mit der Konkurrenz ist das jedoch auch nicht verwunderlich gewesen. Ein Chor ist beispielsweise als einer er 24 besten Jugendchöre in Neuseeland ausgezeichnet worden und deren Auftritt war auch echt beeindruckend. Zusätzlich gab es noch mehrere Soloauftritte und andere Combos. Natürlich darf man nicht aus den Augen verlieren, dass es eine Art Schulaufführung war und dementsprechend waren die Auftritte unterschiedlich gut. Aber in der Summe war das ein Abend, der mich an meine eigenen Auftritte früher in der Gesamtschule hat zurück denken lassen.

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An unseren Wochenenden sind Fiona und ich meistens unterwegs und erkunden die Gegend und die wunderschöne Landschaft. Beispielsweise sind wir ziemlich zu Beginn zum Castlepoint, einem Leuchtturm an der Ostküste gefahren. Das sah so wunderschön aus, war aber auch unglaublich windig. Oder an einem anderen Wochenende sind wir mit anderen Freiwilligen aus der Gegend, Freunde in Whanganui besuchen gefahren. Da haben wir dann einfach zusammen gekocht, sind ausgegangen, waren shoppen und spazieren. Es tat so gut einfach nochmal mit bekannten Gesichtern zu reden und endlich mal Leute zu kennen. An einem anderen Sonntagmorgen haben wir, auch in Whanganui, versucht einen Gottesdienst zu finden. Dort war es ziemlich anders, als ich es erwartet habe. Es war eine Freikirche und die Atmosphäre war sehr nett. Die ersten zwanzig Minuten haben wir nur mit einer Band gesungen und dann folgte die vierzigminütige Predigt. Dem noch folgen zu können, vor allem, da die Predigt sehr zitatlastig, mit etlichen Sprüngen quer durch die Bibel war, hat wirklich eine Herausforderung dargestellt und nach dem gemeinsamen Abendmahl, war es dann einfach vorbei. Daraufhin habe ich mir vorgenommen, bei mir in der Gegend mal eine Kirche zu suchen, die mir mehr zusagt und in der ich mich wohler fühle.

Wie Ihr/ Sie sehen gibt es viel zu berichten. Ich werde Sie/ Euch auf dem Laufenden halten.

 

Viele Grüße!

Yolanda