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Unser bester Dank für die Schöpfung besteht darin, dass wir sie erhalten. (Erntedank 2002)

Datum:
6. Okt. 2002
Von:
Heinz Büsching

Als Schüler war ich einmal in Pompeji, der Stadt am Vesuv, die im Jahre 70 v. Chr. durch den Vulkan zerstört wurde. Tief in mich eingegraben hat sich das Bild von den Menschen, die aßen und tranken und arbeiteten und feierten und mittendrin von tödlichem Aschenregen bedeckt wurden.

Seltsam. Menschen, die unter dem Vulkan lebten. Sie müssen doch um die Gefahr gewusst haben. Aber sie taten nichts. Warum sind sie denn nicht weggezogen und haben ihre Stadt irgendwo anders aufgebaut? Aber das war ihnen wohl zu mühsam. Und vielleicht sagten sie auch: es wird schon gut gehen.

Es ist nicht gut gegangen. In einer Jesusrede lese ich eine ähnliche Stelle: "Die Menschen aßen und tranken und heirateten bis zu dem Tag, an dem Noa in die Arche ging. Dann kam die Flut und vernichtete alle."

Die Jesusrede zitiert noch so eine Stelle: "Und es wird ebenso sein, wie es zur Zeit des Lot war. Sie aßen und tranken, kauften und verkauften, pflanzten und bauten. Aber an dem Tag, an dem Lot Sodom verließ, regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel, und alle kamen um."

Erntedankfest 2002.

Wir können es nicht naiv feiern. Ja, es hat gegrünt und geblüht, die Ernte war gut und die Tische sind gedeckt. Aber wird es auch unseren Enkeln noch grünen und blühen. Werden sie noch ernten können? Unsere Erde ist in Gefahr. Und wir selbst sind es, die den Vulkan anheizen, indem wir die Erdatmosphäre zerstören mit all dem Dreck, den die Schornsteine und Auspuffrohre dieser Welt in die Luft schleudern. Wir selbst beschwören die Flut herauf, weil durch unsere Eingriffe die Eiskappen schmelzen und der Meeresspiegel steigt mit katastrophalen Folgen für alle. Wir selbst sind es, die Erde, Luft und Wasser vergiften.

Lieben Sie dieses Thema? Oder geht es Ihnen wie mir, dass sie sagen: Ich kann‘s nicht mehr hören. Wir möchten am liebsten essen und trinken, kaufen und verkaufen, pflanzen und bauen wie bisher. Aber auch wenn wir weggucken: die Tatsachen bleiben. Die Erdatmosphäre geht weiter kaputt. Der Konsum steigt – die Reserven der Erde schwinden. Wasser und Luft werden immer schlechter. Allergien und Depressionen nehmen zu. Aus Tschernobyl hören wir das erste Grollen des Vulkans. Und könnte es sein, dass die Flutkatastrophen dieses Jahres erst ein Vorspiel waren für das, was in Zukunft droht? Ist die Entwicklung noch aufzuhalten? Werden unsere Enkel leben können? Ist die Erde noch zu retten? Oder ist es schon zu spät? Wie viel Zeit haben wir noch?

Es ist 5 vor 12, sagen warnende Stimmen, Stimmen, die ich ernst nehme, Stimmen aus der Wissenschaft. Wir dürfen nicht weitermachen wie bisher. Wir müssen handeln. Aber jetzt kommt die Gefahr, die der Schöpfung aus unserem Herzen droht.

Vom Herzen aus werden die Zeigefinger gesteuert. Wenn die Autofahrer die Finger auf sich gerichtet sehen, zeigen sie auf die Flugzeuge: nicht wir - die sind es, die die Natur zerstören. Die Fabriken zeigen auf die Haushalte und sagen: die produzieren den meisten Dreck. Aus den Haushalten richten sich die Finger auf die Politiker: die sollen was machen. Und die Politiker zeigen auf die Wähler: die wählen uns nicht mehr, wenn wir Opfer verlangen.

Der eine zeigt auf den andern und entlässt sich damit aus der Verantwortung. Und der einzelne für sich allein ist in der Versuchung zu sagen: auf mich, auf mich kleine Nummer, auf mich kommt es doch nicht an. Oder noch schlimmer: solange ich lebe, solange wird es ja wohl noch gut gehen.

Die Verantwortungslosigkeit des einzelnen ist die größte Gefahr, die unserer Erde droht. Hören wir in unser Gewissen hinein. Mein Gewissen sagt: Rede dich nicht mit den andern raus. Fang bei dir an. Und fang an mit den Kleinigkeiten.

Anregungen dazu gibt es in Fülle: aus dem Fernsehen, aus der Zeitung, aus unserem Umweltkreis, dessen Informationen und Aktivitäten mich immer wieder anstoßen und mir Mut machen zu den ganz kleinen Schritten.

Aber ist heute nicht Erntedankfest? Wollten wir nicht heute Gott danken? Doch. Ja. Von ganzem Herzen. Dank muss ausgesprochen werden. Und nicht nur heute, sondern an jedem Tag, den Gott uns schenkt, und für jede Mahlzeit, die wir aus seiner Hand empfangen.

Aber unser Dank ist hohl, wenn er nur in Worten besteht. Unser bester Dank für die Schöpfung besteht darin, dass wir sie erhalten. Den Worten müssen Taten folgen. Was tue ich? Was tun Sie?