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Christentum (14. Sonntag im Jahreskreis 2002)

Datum:
7. Juli 2002
Von:
Heinz Büsching

Christentum ist kein System. Christentum ist eine Person: Jesus Christus.

Christentum ist keine Theorie. Christentum ist eine Person: Jesus Christus.

Christentum ist keine Ideenlehre. Christentum ist eine Person: Jesus Christus.

Christentum ist nicht in Lehrbüchern einzufangen.

Christentum ist nicht in Sätze zu fassen.

Nicht an der Universität zu studieren.

Überhaupt nicht von außen zu lernen.

Weil die Mitte des Christentums eine Person ist,

weil die Substanz des Christentums eine Person ist,

weil das A und O des Christentums eine Person ist,

kann man das Christentum auch nur so kennenlernen,

wie man eine Person kennenlernt.

Wie lerne ich einen Menschen kennen? Indem ich ihm persönlich begegne, indem ich mich in ihn einfühle, indem ich lebendigen Kontakt mit ihm habe und schließlich nur, wenn ich ihn liebe.

Nie werde ich einen Menschen wirklich kennenlernen von einer Fotografie oder durch einen Lebenslauf oder weil andere mir von ihm erzählen. Äußere Informationen können mein Interesse wecken; können meine Neugier auf den Plan rufen, ja, mich ganz heiß machen: den will ich kennenlernen. Aber keine äußere Information, auch nicht die präziseste und ausführlichste Beschreibung kann das persönliche Kennenlernen ersetzen. Wirklich kennenlernen kann ich einen anderen nur durch die persönliche Begegnung, durch Einfühlung, lebendigen Kontakt und letztlich nur, wenn ich ihn liebe.

Auch ein Wissenschaftler, auch jemand, der 7 Fremdsprachen spricht, auch ein Professor der Psychologie wird einen anderen nur kennenlernen durch persönliche Begegnung und liebenden Umgang.

So ist das auch mit dem Christentum. Äußere Informationen können mich hungrig darauf machen, diesen Jesus kennenzulernen. Äußere Informationen können mich zu ihm auf den Weg bringen. Aber erst in der persönlichen Begegnung mit ihm beginne ich zu ahnen, was Christentum wirklich ist.

Aber die ganze Theologie, der dicke römische Katechismus, all die schlauen Bücher über das Christentum – sprechen sie nicht dafür, dass das Christentum eine höchst komplizierte Sache ist? Die Kompliziertheit kommt von unten, von unserer Menschwelt. Die Kompliziertheit kommt von unserem kompliziert gewordenen Leben.

Aber wenn die Sonne sich in 1000 Scherben spiegelt, bleibt sie selbst immer noch einfach. Für alles Christsein bleibt Christus die Sonne.

Christsein heute, Christsein in einer komplizierten Landschaft, Verwirklichung des Christlichen in unserer verworrenen Welt verlangt gewiss auch geistige Auseinandersetzung und schöpferisches Denken. Aber die Lichtquelle, unser A und O, unsere Sonne bleibt einfach.

Christus ist unsere Sonne.

Wie man Christus kennenlernt, das hat die christliche Tradition immer gewusst. Sie betont die Vielfalt der Möglichkeiten, Christus zu begegnen. Vielfalt ist wichtig. So ist es ja auch sonst unter den Menschen. Wenn wir einen Menschen gut kennen, dann eigentlich immer deshalb, weil wir ihn auf vielfältige Weise kennengelernt haben.

Christus auf vielfältige Weise begegnen. Er ist im Armen, im Kranken, im Hungrigen, im Nächsten. Er ist da im Gebet, in der heiligen Kommunion, in den Sakramenten. Er ist da im Hören auf seine Botschaft, im Wort der Heiligen Schrift, in der Stimme des Gewissens. Er ist immer da, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind.

Es ist der Sinn von Kirche, Christus zu verkünden, zu bezeugen, seine Gegenwart spürbar zu machen. Wer die Kirche als moralische Anstalt versteht oder als Verein der Fehlerlosen, hat nichts verstanden.

In der Kirche geht es allein um Christus und dass sie uns hilft, ihn zu finden. Ich mag mich noch so oft über die Kirche ärgern. Aber ihr verdanke ich Christus. Und das allein zählt.

Wenn aus all den Kompliziertheiten, die mich umgeben, ER als der Maßgebliche hervortritt, er, der die Kleinen und Unmündigen, die Unstudierten, Einfachen und Armen liebt, wenn er als der Maßgebliche hervortritt, wenn ich letztlich nur mit IHM zu tun habe, dann wird dieses Evangelium für mich glaubhaft und tröstlich:

"Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen."

Können Sie sich an Augenblicke erinnern, wo Sie seine tröstliche Nähe gespürt haben?