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Gegen das Vergessen- Gang des Gedenkens

Seelsorgebereich - Wie viele Male ich nun aktiv oder einfach nur als Teilnehmerin am Gang des Gedenkens dabei war- das habe ich vergessen; aber was ich nie vergessen werde, ist der Grund, aus dem wir uns immer wie-der am 10. November in der Kirche St. Michael in Geistigen treffen: wir wollen innerhalb einer Gedenkstunde an die unzähligen Opfer der nationalsozialistischen Terrorherrschaft am jüdischen Volk erinnern, insbesondere an die De-portierten und schließlich ermordeten jüdischen Mitbürger Hennefs.
2022-11-10_Gang des Gedenkens
Datum:
10. Nov. 2022
Von:
hh

Das alles kulminierte in brutal- grausamer Weise am Tag der Synagogenbrände in ganz Deutschland am 9. November 1938.

In diesem Jahr - um es vorwegzusagen- schlossen sich uns nur wenige Menschen zum Gang des Gedenkens zum Platz der ehemaligen Synagoge in Geistingen an. Vielleicht sind die Menschen in diesem Jahr mit aktuelleren Problemen befasst: wie dem Krieg in der Ukraine oder der Frage, wie komme ich warm durch den Winter – ich möchte nicht darüber spekulieren 

, aber nur auf ein sehr anrührendes Ereignis am Rande der Veranstaltung hinweisen. Eine jüdische Familie, die aus der Ukraine geflüchtet war, nahm auch an dem Gang teil und die Tochter, die als einzige in der Familie Englisch sprach, bedankte sich bei der jugendlichen Flötistin, die zusammen mit ihrem Bruder, für die musikalische Begleitung der Veranstaltung sorgten. Offensichtlich ist diese Veranstaltung doch aktueller als mancher denkt….

Wie lief die Gedenkstunde nun ab? In diesem Jahr hatte ich mich mit den „Gedichten“ der Zeitzeugin Halina Birenbaum befasst – für mich ein Zufallsfund – aber von welcher Eindringlichkeit und Ausdruckskraft! Aus ihrer, leider nur online zur Verfügung stehenden Gedichtsammlung „Vom Ende an“ hatte ich einige Gedichte ausgewählt, die ihren besonderen Zugang zu ihrem persönlichen Schicksal und dem Schicksal ihres Volkes beschreiben. Sie empfängt die Inspiration zum Schreiben am Bügelbrett in ihrer Wohnung in Haifa während einer Dokumentation der Eichmann Prozesse. Bis dahin hatte sie geschwiegen – jetzt ist es an der Zeit, den Mund aufzutun. Sie schreibt Gedichte, mehrere Bücher (Die Hoffnung stirbt zuletzt), die ihrer Trauer über den Verlust der ganzen Familie Ausdruck geben. Aber auch während ihrer Reisen als Zeitzeugin in Deutschland findet sie in „gegenseitigem Verständnis und menschlichen Gefühlen“ verbindende und versöhnliche Töne. Zu den Gedichten hatte ich ausdrucksstarke Bilder gefunden, meist aus den autobiographischen Büchern Halina Birenbaums.

Die Veranstaltung wurde durch Gebete, Psalmen und Fürbitten umrahmt, die unsere Sorgen und unsere Schuld vor Gott bringen sollten. Im Mittelpunkt stand die Verlesung der Namen der ermordeten jüdischen Mitbürger. Die Texte wurden zu gleichen Teilen von Mitgliedern des Ökumenekreises gelesen: Pastor Niko Herzner war aus der evangelischen Christuskirche gekommen und Diakon Schiefen aus dem Seelsorgebereich Geistingen–Hennef–Rott. Beim Blick über die Anwesenden fiel auf, dass sehr viele Vertreter aus der Stadtverwaltung anwesend waren: vom Bürgermeister Dahm, über seinen Vertreter Wallau bis zum ersten Beigeordneten Michael Walter. Es tut gut, sich auch von „offizieller“ Stelle getragen zu fühlen und betont die Wichtigkeit dieser Veranstaltung für das Gemeinwesen - kurz gesagt: für uns! Deshalb seien Sie das nächste Mal (wieder) dabei…