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Hinhören (3. Sonntag der Osterzeit 2002)

Datum:
14. Apr. 2002
Von:
Hubert Bertling

Wie reagieren Sie, wenn Sie einen Ruf vom anderen Ufer vernehmen? Wie könnte sich ein solcher Ruf anhören? Vielleicht fragt ein Kind zuhause plötzlich: Warum beten wir eigentlich nicht? Vielleicht sagt irgendwer im Gespräch einen Satz, der Sie unruhig macht. Vielleicht klopft Ihnen auch nur das Herz, oder Sie hören es in Ihrem Leben knistern, oder irgendetwas dämmert Ihnen, aber Sie wissen nicht so richtig, was.

Die Stimme in der Dämmerung, die Stimme vom anderen Ufer, ist ja zuerst einmal fremd. Und auch die Jünger damals erkennen zunächst nicht, dass es der Herr ist, der ihnen eine Frage zuruft. Immerhin, sie geben Antwort. Sie lassen sich auf den Frager ein. Und dabei geht einem von ihnen plötzlich auf: Es ist der Herr.

Wie reagieren Sie, wenn Sie einen Ruf vom anderen Ufer hören? Wie reagieren Sie, wenn Gott Ihnen eine Frage zuruft?

Immer, wenn Gott in der Bibel Fragen an den Menschen richtet, geht es um die Wahrheit unseres Lebens. Wo bist du, fragt Gott den Adam. Wo ist dein Bruder, fragt er den Kain. Woher kommt eure Traurigkeit, werden die Emmausjünger gefragt.

Und hier heißt es: Habt ihr zu essen? Oder ein bisschen zugespitzt auf uns: Was h a b t Ihr eigentlich? Wovon lebt ihr? Doch bevor Jesus seine Frage ausspricht, sagt er: Meine Kinder. Sie klingt ein bisschen komisch, fast lächerlich, diese Anrede: Kinder, oder genau: Kindlein, meine Kindlein. Es muss was dahinterstecken.

Der große Vorteil der kleinen Kinder ist, dass sie die Wahrheit sagen, ja, dass sie mit der Wahrheit herausplatzen. Denken Sie an das Märchen Des Kaisers neue Kleider. Kommt, sagt Jesus, jetzt seid mal ehrlich wie kleine Kinder. Was habt ihr eigentlich? Auf die Frage: habt ihr was zu essen, werdet ihr satt von dem, was ihr fangt, sagen sei: nein. Und natürlich geht es in dieser bedeutungsschweren Geschichte nicht darum, ob der Magen gefüllt werden kann, sondern darum, ob unser Herz zufriedengestellt wird.

Dass die Jünger im Evangelium nicht zufrieden sind, das kann man sich gut vorstellen. Sie haben umsonst gerudert. Es war eine vergebliche Nacht. Die Netze sind leer. Wie geht es Ihnen mit diesem Bild? Mag sein, dass viele von Ihnen mit diesem Bild nichts anfangen können, weil es nicht ihre Situation ist; weil Sie sich als erfüllt und glücklich erleben. Aber vielleicht finden andere sich wieder: in dem Gefühl, umsonst gerudert und nichts gefangen zu haben und sehr erschöpft zu sein.

Ich fände es gut, wenn sich jeder von uns noch einmal neu fragen würde: wofür rudere ich eigentlich, und was habe ich in Händen, wenn Gott mich ruft.

Wie reagiere ich, wenn ich einen Ruf vom anderen Ufer höre?

Rudere ich ein bisschen schneller, damit ich nichts mitkriege?

Höre ich weg, weil ich Angst habe, dass mein Leerlauf aufgedeckt wird?

Bin ich taub geworden für Gottes Werben?

Es wäre schön, wenn ich verstehend hinhören könnte wie Johannes, ja, wenn ich wie Petrus uns kalte Wasser des Neuen springen könnte. Doch ganz gleich, ob unsere Netzte voll sind oder leer: das Mahl ist schon bereitet. Gott wartet auf uns, auf Sie und auf mich.

Wir haben in dieser heiligen Messe eine Weile die Ruder aus der Hand gelegt. Lasst uns in der Stille in uns hineinhören.