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Gottes Reich können wir nicht erzwingen (Freitag der 5. Woche der Fastenzeit 2020)

2020-04-03_Corona-Predigt
Datum:
3. Apr. 2020
Von:
Christoph Jansen

Liebe Freunde,

heute fangen die Ferien an! Und wieder - alles anders als sonst. Wenn ich heute jemandem "schöne Ferien" wünsche, ernte ich nur ein müdes, manchmal sogar genervtes Lächeln. Die Sehnsucht geht in eine andere Richtung. Endlich wieder Schule, endlich wieder Normalität - das wäre schön.

So ungeduldig, wie sonst viele Kinder und Jugendliche auf die Ferien gewartet haben, warten wir jetzt auf Normalität, die ja irgendwann - möglicherweise in kleinen Schritten - wiederkommen muss, weil es ja so nicht weitergeht.

Heute hatten wir vor, mit den Jugendlichen unseres Firmkurses einen Jugendkreuzweg zu gehen, leider gibt es das dieses Jahr nicht. In der Karwoche hatte ich meinen Terminkalender randvoll, täglich von morgens bis abends. Und alles, was in dieser Woche ansteht, ist meine Art, die Kar- und Ostertage zu feiern. Fast alles ist abgesagt, und das, was noch stattfindet, nämlich die wichtigsten Gottesdienste, finden vor leerer Kirche statt.

Jetzt schon vermisse ich die Palmweihen, die ich in den letzten Jahren in besonderer Atmosphäre in Happerschoß, Bröl und schließlich mit hunderten Menschen in der Warth feiern durfte, und mich packt allmählich eine Ungeduld, die mit jedem Tag stärker wird. Es muss doch möglich sein, bald wieder in Gemeinschaft Gottesdienste zu feiern! Es muss doch möglich sein, wieder ins Kino, ins Restaurant zu gehen, sich gegenseitig zu besuchen, wie es rund um Ostern sonst immer üblich ist!

Ungeduld passt zum Palmsonntag, zum Einzug Jesu nach Jerusalem. Viele sehnten sich nach einem neuen König für Israel, nach einem gerechten Herrscher, der alle Menschen liebt, sanftmütig und von allen geachtet. Dieser König sollte sein wie der legendäre König David und ganz anders als Herodes, der ja nur ein König von Kaisers Gnaden war.

Endlich kommt das Königreich Jesu, dachten alle, und mit Palmzweigen jubelten sie ihm zu. Eine ungeduldige Aktion war dieser Einzug Jesu in Jerusalem, das Jubeln und die Begeisterung gerieten allzu bald ins Stocken und nur wenige Tage später starb Jesus am Kreuz. Gottes Reich können wir nicht erzwingen, es kommt nicht, wenn wir das wollen. Damals, am Tag des Einzugs Jesu in Jerusalem, als alle dachten, es kommt, kam es jedenfalls nicht - zumindest nicht so, wie die Leute es dachten.

Gottes Reich können wir nicht erzwingen, und Normalität in diesen Tagen auch nicht. Aber Gottes Reich wird kommen. Die Einschränkungen dieser Wochen werden vorbei gehen. Und bald werden wir unseren Glauben in den Kirchen wieder gemeinsam feiern können. Aber wann?

Wir können es nicht erzwingen. Und das fällt so schwer. Ein augenzwinkerndes Gebet fällt mir ein, es passt in diese Tage. Herr, schenke mir Geduld. Aber ein bisschen plötzlich!

Ihr und euer

Christoph Jansen