Gott finden im Alltäglichen, im Gewöhnlichen. (14. Sonntag im Jahreskreis 2003)
Wenn wir die Nachrichten im Fernsehen angucken, dann können wir sicher sein, dass uns nur Außergewöhnliches geboten wird: irgendwo findet ein Krieg statt, irgendwo anders ein Aufstand, irgendwo wird gestreikt, irgendwer hat etwas Spektakuläres geäußert, irgendwo ist ein entsetzliches Unglück passiert. Dies sind die Nachrichten des Tages. Und so tagaus tagein.
Ich stelle mir vor: ein kleines grünes Männchen auf einem fernen Planeten könnte unsere Fernsehnachrichten empfangen, und es würde das menschliche Leben auf der Erde kennen nur von den Fernsehnachrichten her. Hätte es ein wahres Bild vom Leben auf unserer Erde? Ich denke, es müsste uns für bescheuert halten. Denn wenn das menschliche Leben tatsächlich nur aus Sensationen bestehen würde, dann würden wir verrückt. Vom Ungewöhnlichen und Anormalen kann auf Dauer kein Mensch leben.
Glücklicherweise ist unser Leben meistens gewöhnlich. Ich habe nicht vor, über das Fernsehen zu schimpfen, weil es uns ständig Extravagantes ins Haus liefert. Das Fernsehen bringt, was wir sehen wollen. Offensichtlich wollen wir das Außergewöhnliche. Wenn das Gewöhnliche kommt, schalten wir ab. Mit dem Gewöhnlichen sind wir nicht zufrieden. Schlagen Sie irgendein Geschichtsbuch auf. Unfehlbar werden sie lesen, wie irgendein König Krieg geführt hat, wann diese oder jene Schlacht stattgefunden hat, wann irgendeine Revolution war, wo sich Außergewöhnliches in unserer Welt ereignet hat. Und wieder muss man sagen: wir würden wahnsinnig, wenn unsere Welt wirklich so wäre.
Glücklicherweise ist unsere Welt meistens gewöhnlich. Aber offensichtlich sind wir mit dem Gewöhnlichen nicht zufrieden. Offensichtlich wollen wir ständig das Ungewöhnliche. Das gilt zugespitzt für unsere Zeit, die ständig aus ist auf das Tollste, das Heißeste, das Erregendste, den Event, den Kick, die ultimative Sensation.
Das scheint auch in unserem Verhältnis zu Gott eine Rolle zu spielen- Wir meinen, Gott begegne uns nur im Ungewöhnlichen. Wir meinen, Gott begegne uns nur, indem er unser Gemüt überwältigt, uns überrumpelt durch extravagante Machterweise. Wir meinen, die Begegnung mit Gott müsse immer etwas Sensationelles sein. Aber auch hier muss man sagen: Stünde es so um das Verhältnis von Gott und Mensch, dann könnten wir nicht in Freiheit unser Leben aufbauen. Gott würde uns erdrücken.
Glücklicherweise ist Gott anders. Glücklicherweise ist unser Leben mit Gott anders. Davon erzählt dieses Evangelium. So, wie Jesus den Menschen seiner Heimat begegnet, so begegnet uns Gott. Aber das ist doch ein Handwerker, sagen die Leute. Das ist doch einer aus unserem Milieu. Der ist doch ganz gewöhnlich.
Das ist der Punkt. Der ist doch ganz gewöhnlich. Seine Weisheit wirkt durchaus überzeugend. Seine Wunder werden anerkannt. Die Leute haben keine Verstandeszweifel. Aber er ist ihnen zu gewöhnlich. Ein Zimmermann. Jemand, der vom Dorf kommt. Einer wie wir.
Es scheint sehr schwierig zu sein, wirklich zu akzeptieren, dass man Gott finden kann im ganz Menschlichen, im Alltäglichen, im Gewöhnlichen. Die außergewöhnlichen Machttaten haben durchaus ihr Recht, damit wir glauben können. Aber sie sind in unserem Leben mit Gott nicht das Normale. Es sind nicht die Sensationen, die unser Leben mit Gott ausmachen.
Es ist so ähnlich wie im Zusammenleben der Menschen. Wenn eine Ehe gelingt, woran liegt das? Nicht, weil da dauernd etwas Extravagantes passiert, sondern weil der eine den andern als gut erfährt. Wenn es zwischen Eltern und Kindern klappt – woran liegt das? Nicht daran, dass sich die Eltern jeden Tag etwas Spektakuläres einfallen lassen, sondern daran, dass die Familienmitglieder sich im Alltag als gut erfahren.
So ist auch unser Leben mit Gott. Nicht ständiges Feuerwerk. Nicht immerwährendes Aufgewühltsein, sondern dass wir im Alltag Gottes Güte erfahren. So wäre die Kunst, dass wir das Große im Unscheinbaren entdecken. Dass wir Gott in unserem Alltag finden.
Wo finden Sie Gott in Ihrem Alltag? In welchen kleinen, unscheinbaren Dingen?