Ein fiktiver Brief eines jungen Menschen "aus Taize
Auch mich berührt der Abschied sehr, denn diese Woche Taizé hat mich verändert, ich fühle mich glücklich und erfüllt und möchte nicht zurück in die triste Welt meines Alltags. In Taizé zu sein ist, als ob man fernab von allem Geschehen und täglichem Leben auf einer Insel sein würde, auf der nichts an den Alltag, nichts an Stress, Verpflichtungen oder an unfreundliche Menschen erinnert. Hier vergisst jeder seine Probleme zuhause, wird aufgenommen in eine Gemeinschaft von Menschen, die offen für jeden,
sind mit denen man gemeinsam eine Woche seines Lebens verbringt und zwar auf ganz andere Weise als zuhause oder in einem normalen Urlaub. Man lernt auf vieles zu verzichten, man hat dennoch alles, was man zum Leben braucht, aber auch nicht mehr. Mir geht es so, dass ich nichts vermisse, weder das warme Duschwasser noch mein gemütliches Bett oder das umfangreiche Essen, denn es kommt in Taizé nicht auf materielle Dinge und Reichtum an, sondern einzig auf die Gemeinschaft und in einer Gemeinschaft kann man sehr glücklich sein, auch wenn man ein einfaches Leben führt.
Es ist die Gemeinschaft im Gebet, wenn im Sommer über 4000 Jugendliche und Erwachsene aus aller Welt gemeinsam auf dem Boden einer Kirche sitzen und mit den Brüdern die Taizélieder in allen Sprachen singen, es ist die Gemeinschaft in der riesigen Essenschlange, wenn dir die Sonne auf den Kopf prallt und man mit hung-rigen Magen ansteht und mit anderen Jugendlichen Gespräche beginnt und es ist auch die Gemeinschaft bei den verschiedenen praktischen Arbeiten, zum Beispiel beim Dusche schrubben, wenn man dabei Wasserschlachten macht und viel Spaß gemeinsam hat.
In Taizé zu sein bedeutet: eine Menge Menschen kennen zu lernen, aber auch viel Zeit zu finden, um über sein Leben nachzudenken, sich selbst zu betrachten und in der Stille nach Gott zu suchen.
Die Botschaft, die die Brüder hier vermitteln wollen ist auch dies, dass ein jeder, der in Taizé den Frieden und die Liebe zwischen den Menschen erlebt hat, dieses Licht an andere weitergeben und versuchen soll, in seinem Alltag den Frieden zu leben und seinen Mitmenschen Liebe zu schenken und sie so anzunehmen, wie sie sind. Wenn ich von dieser Botschaft hören würde, ohne in Taizé gewesen zu sein, hätte ich keine Ahnung, wie ich immer wieder friedvoll sein kann. Denn wo Menschen zusammen leben, gibt es immer auch Streit. Wenn man jedoch in Taizé war, hat man erfahren können, dass es tatsächlich möglich ist jeden Menschen zu lieben und zu achten. Das ist wohl das größte Geschenk, was ich aus Taizé mitnehmen werde und ich hoffe zuhause bewusster mit den Menschen umzugehen.
Während ich dir gerade schreibe, sitze ich in der Kirche und warte auf den Beginn der Ostermesse, - so nennt sich die Messe, die jeden Samstag Abend zelebriert wird. Sie ist deshalb so besonders für mich, weil hier jeden Samstag die Auferstehung Jesu gefeiert wird, indem jeder in der Kirche eine Kerze anzündet als Symbol für das Leben, das stärker ist als die Dunkelheit des Todes.
Du kannst dir nicht vorstellen, wie schön es ist um sich zu blicken und ein Meer von Kerzenlichtern zu sehen, die strahlende Gesichter bescheinen und ich fühle mich in diesen Momenten so reich beschenkt vom Leben, weil ich dabei eine tragende Liebe zwischen Menschen erleben darf. Und ich fühle mich dabei mit der ganzen Welt verbunden, die hier vertreten ist durch Menschen verschiedener Nationen, die auch noch so jung sind wie ich, die ihr Leben vor sich haben und die wie ich darauf hoffen, zuhause die Erfahrung von Taizé weiterzuleben, während sie wie ich traurig sind nun von hier weg zu müssen.
Ich hoffe, dass auch du - angesteckt durch meine Erzählungen - einmal nach Taizé fahren wirst und ebenso beschenkt wie ich zurückzukehren wirst und deine Umwelt mit ganz anderen Augen erblickst!
Liebe Grüße aus Taizé