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Seelsorgebereich Hennef-Ost:Zachor! Erinnere Dich! In was für Zeiten leben wir überhaupt?

Diese Fragen werden sich viele gestellt haben, angesichts des kriegerischen Überfalls Russlands auf die Ukraine und jetzt vor ein paar Wochen angesichts des Terroranschlags der Hamas auf die israe-lischen Siedlungen im Gazastreifen. Wir dachten, wir lebten in friedlichen Zeiten, die Nazigräuel lägen weit hinter uns, die Aussöhnung mit dem jüdischen Volk sei gelungen- und dann das!
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Datum:
16. Nov. 2023
Von:
hh

Aus diesem Grund musste unser diesjähriger Gang des Gedenkens, an dem wir der Reichsprogromnacht von 1938, also vor 85 Jahren gedenken, auch ganz anders ablaufen. Darüber hinaus mussten wir (der Ökumenekreis der Stadt Hennef) uns noch mit praktischen Problemen auseinandersetzen: der Raum der Synagoge wird neu und sicherer befestigt, die Gedenkstätte an der Sövener Straße wird restauriert- wir mussten uns einen anderen Ort suchen, um das Kaddisch (die Totenklage der jüdischen Religion) für die ermordeten Mitbürger und Mitbürgerinnen Hennefs zu beten. Es auf dem jüdischen Friedhof zu tun, war eine gute Entscheidung. Aber von vorn.

Um 16:00 Uhr versammelten wir uns in der Kirche St. Michael zu Geistingen. Drei Geistliche der christlichen Gemeinden in Hennef, Christoph Jansen vom Seelsorgebereich Hennef Ost, Annekathrin Bieling, Pastorin der evangelischen Christuskirche und Diakon Schiefen vom Seelsorgebereich Hennef – Geistingen - Rott und der Bürgermeister der Stadt Hennef, Mario Dahm und sein Stellvertreter Thomas Wallau nahmen eindeutig Stellung durch ihr Erscheinen. Wir hatten nur eine knappe Stunde Zeit, denn der 10.11. fiel diesmal auf den Schabbat, dem Ruhetag in der jüdischen Woche, der siebte Tag im jüdischen Kalender, als Gott nach der Schöpfung geruht hat. Die Schabbatkerze muss noch vor Sonnenuntergang entzündet werden - von zwar von einer Frau… Das stellte uns vor die Herausforderung, dass wir nur eine knappe Stunde bis zum Gang des Gedenkens zum jüdischen Friedhof hatten. So verzichteten wir auf die literarischen Texte von Zeitzeugen und widmeten uns dem Gebet und der Stellungnahme zu den Gräueltaten im Gazastreifen. Die Texte und Fürbitten wurden durch stimmungsvolle Instrumentalstücke und Lieder von Frau Klippel und Herrn Walter umrahmt und zum Nachklingen gebracht.

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In den Texten wurde be­klagt, dass durch diese Gewalttaten viele Anhänger der Hamas ihren Hass gegen die Juden auch in Deutschlang lauthals herausschreien- in einem Land, dass sechs Millionen Juden ausgerottet hat. Es wurde beklagt, dass jüdische Mitbürger auch heute nicht in Ruhe und Frieden in unserem Land leben können. Vor 85 Jahren wurden die Juden und Jüdinnen gezwungen, gelbe Sterne zu tragen, damit sie als Juden und damit als „Unter­menschen“ gekennzeichnet waren und heute schmieren Demonstranten für die Hamas wieder Davidsterne an die Wohnungen unserer jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen… Unsere beschwö­rende Ansprache gipfelte in dem Bekenntnis: „Antisemitismus lästert Gott! Vor 85 Jahren. Heute. Immer. Wir hören nicht auf davon zu träumen, dass ein friedliches Zusammenleben in Nahost und in unserem Land möglich ist. Dafür sind wir hier.“ Und wir sind dankbar, dass 250 bis 300 Menschen sich mit uns auf den Weg zum Jüdischen Friedhof machten, wo sie die Gelegenheit hatten, eine Kerze mit dem Namen eines ermordeten jüdischen Mitbürgers oder einer Mitbürgerin mitzunehmen und abzustellen.