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Wir schauen auf zu ihm, er wird uns retten. (Dienstag der 5. Woche der Fastenzeit 2020)

2020-03-31_Corona-Predigt
Datum:
31. März 2020
Von:
Christoph Jansen

Liebe Freunde,
in der Lesung des heutigen Dienstages wird davon berichtet, wie eine tödliche Gefahr das Volk Israel in der Wüste bedroht. Überall waren Giftschlangen und viele Menschen wurden gebissen und starben. Mose betete zum Herrn, dass er das Volk von den Schlangen befreit, und er betete für das Volk.

Weiter heißt es im Buch Numeri: "Der Herr antwortete Mose: Mach dir eine Schlange und häng sie an einer Fahnenstange auf. Jeder, der gebissen wird, wird am Leben bleiben, wenn er sie ansieht. Mose machte also eine Schlange aus Kupfer und hängte sie an einer Fahnenstange auf. Wenn nun jemand von einer Schlange gebissen wurde und zu der Kupferschlange aufblickte, blieb er am Leben."

Im Gespräch mit Nikodemus, das uns der Evangelist Johannes überliefert hat, sagt Jesus, indem er darauf Bezug nimmt: "Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, das ewige Leben hat."

Jesus wurde ans Kreuz gehängt, also erhöht. In der christlichen Tradition wird so das Kreuz Zeichen für die Rettung aller Christen, nicht sofort, aber etwa ab dem vierten Jahrhundert. Blicken wir in unserem Leid zum leidenden Jesus auf, dann werden wir gerettet. Ein schönes Bild in diesen Tagen. Damals in der Wüste wusste niemand, ob eine Schlange ihn beißt, und wer gebissen wurde, wusste nicht, ob er an der Vergiftung stirbt oder überlebt.

In einer ähnlichen Situation sind wir heute auch wieder, nur dass es nicht Giftschlangen sind, die uns bedrohen, sondern ein Virus. Niemand, der nicht schon infiziert wurde, weiß, ob er angesteckt wird, und niemand, der infiziert wurde, weiß sicher, ob die Infektion für ihn harmlos oder lebensgefährlich ist.

Interessant ist die Art und Weise, wie Gott das Volk Israel in der Wüste vor der tödlichen Gefahr rettet. Er nimmt die todbringenden Schlangen nicht einfach weg, sondern er entwickelt so etwas wie einen Impfstoff gegen die Schlangen. Wer gebissen wurde, muss sich ein Abbild der tödlichen Schlange auf der Fahnenstange ansehen und an Gott glauben, der stärker ist. Dann wird er gerettet.

Mit dem gekreuzigten Jesus ist für uns der Blick frei auf Gott, der rettet. Wir brauchen nicht mehr den Umweg über die Schlange, wir sehen dem leidenden Menschensohn direkt ins Gesicht. Er leidet mit uns in dieser Zeit der Pandemie. Ein unwahrscheinlich starkes Zeichen, dass unser Leid und unsere Angst auch seine Angst und sein Leid sind.

Und er rettet. Wie schon im Alten Testament tut er es nicht plakativ und banal, sondern auf seine ganz spezielle Art. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum wir am kommenden Sonntag unsere Kreuze mit Palmzweigen dekorieren. Es soll uns auffordern, genau hinzusehen und zu glauben, damit Christus am Kreuz uns auf unsere Fragen und Nöte antworten kann: Du bist nicht allein. Ich werde dich retten. Das Kreuz ist nicht das Ende. Es ist die Rettung, der neue Morgen. Wir schauen auf zu ihm, er wird uns retten.

So wird auch für jene, die das Kreuz als Todeszeichen empfinden, durch das frische Grün die Hoffnung sichtbar und spürbar, die wir haben. Ganz herzlich lade ich dazu ein, Palmzweige bis zum Samstag in die Kirche zu bringen, damit sie am Sonntag gesegnet an die Kreuze gesteckt werden. Wenn viele mitmachen, dann reicht es für alle.

Ihr und euer
Christoph Jansen