Zum Inhalt springen

Wir alle können Gutes tun. (Montag der 5. Woche der Fastenzeit)

2020-03-30_Corona-Predigt
Datum:
30. März 2020
Von:
Christoph Jansen

Vor zwei Jahren war ich in Nordnorwegen unterwegs, und im nordnorwegischen Städtchen Sortland habe ich auf einem Platz ein Denkmal entdeckt. Das Besondere an dem Denkmal ist, dass es keinen großen Dichter, Denker, Staatsmann oder Prominenten darstellt. Das Denkmal ehrt vielmehr Kjetil Paulsen, einen einfachen Mann, der über 30 Jahre lang in dem kleinen Städtchen den Müll aufgesammelt hat. Er übte seine Arbeit dankbar und froh aus, klagte niemals darüber, dass er "nur" ein Müllmann ist und freute sich an jeder Begegnung mit den anderen Menschen in seiner kleinen Stadt. Das hat die Einwohner von Sortland so beeindruckt, dass sie ihm ein Denkmal aufgestellt haben.

Papst Franziskus sagte am Freitag in seiner Ansprache den bemerkenswerten Satz: "Wir haben nicht auf den Schrei der Armen und unseres schwer kranken Planeten gehört. Wir haben unerschrocken weitergemacht in der Meinung, dass wir in einer kranken Welt immer gesund bleiben würden."

Ich erinnere mich an meine letzte Krankheit, es war eine Grippe. Ich war beim Arzt und er sagte: "Sie bleiben jetzt erst einmal zehn Tage zuhause. Danach sind Sie entweder wieder einigermaßen gesund oder Sie kommen noch einmal in meine Sprechstunde". Jetzt bin ich wieder fit - aber der ganze Planet ist krank. Und die Ärzte der Welt sagen allen: "Sie bleiben jetzt erst einmal zuhause". Das ist in dieser akuten Krankheitsphase unserer Welt sicher der richtige Weg.

Wer wieder gesund ist, sollte aber nicht einfach so weitermachen wie bisher. Das Immunsystem soll gestärkt werden, frische Luft und Bewegung hilft, um nicht mehr so schnell krank zu werden. Aber wie soll unsere Erde wieder gesund werden? Was kann ich da schon tun? Sind es nicht die Banken, die Energiekonzerne, die Mächtigen, die großen Geschäftemacher, die sie viel mehr schädigen als ich?

Kjetil aus Sortland hat einfach Müll gesammelt, immer weiter. Er hat damit der Natur und seinem Städtchen gutgetan. Er hat einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass die Erde nicht noch mehr leidet, als sie es schon tut. Er haderte nicht damit, dass er es im Leben nicht weitergebracht hatte als zum städtischen Müllsammler, sondern er machte seine einfache Arbeit gerne und gründlich. Sein Denkmal ehrt alle, die einfach etwas tun, anstatt nur zu jammern. Und es ehrt die kleinen Leute.

Wir alle können Gutes tun. In der Zeit der Coronapandemie haben wir vielleicht mehr Zeit, darüber nachzudenken, wo wir anpacken können. Kjetil war sicher kein großer Unternehmer und auch kein Universitätsprofessor. Er war ein ganz einfacher städtischer Arbeiter. Jeder Mensch in jeder Position kann etwas daran tun, dass es der Erde und den Menschen etwas besser geht. Das gilt für die großen und die kleinen Leute, die reichen und die armen.

Es sind gerade jetzt, in der Coronazeit, die kleinen Leute, die unsere Gesellschaft am Laufen halten. Systemrelevante Berufe sind meistens jene, die am Schlechtesten bezahlt werden. Wie wichtig die Menschen sind, die in solchen Berufen arbeiten, haben die Menschen in Sortland vor vier Jahren bewiesen, als sie Kjetil ein Denkmal setzten. Es steht nicht nur für Kjetil Paulsen, sondern für unendlich viele Menschen, die auf ihre Weise das Gebot der christlichen Nächstenliebe in ihrem Leben umsetzen.

Vielleicht ist es Zeit zu überlegen, wer in unserer Zeit und in unseren Städten ein Denkmal verdient hat und wer nicht. Vielleicht ehren wir allzu oft die Falschen.

Ihr und euer

Christoph Jansen