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Quarantäne (Mittwoch der 3. Woche der Fastenzeit 2020)

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Datum:
18. März 2020
Von:
Christoph Jansen

Liebe Christen,

ein Wort, dass uns in diesen Tagen immer wieder begegnet, ist das der Quarantäne. Zur Begriffserklärung habe ich einmal mein altes Konversationslexikon namens Brockhaus zur Hand genommen (ich hatte einfach keine Lust auf Wikipedia) und fand gleich die Erklärung: "Quarantäne, frz., Anzahl von 40 Tagen, Maßnahme gegen Einschleppung von Menschen- und Tierseuchen".

Die Idee, ansteckend kranke Menschen aus der Gesellschaft auszuschließen und ihre sozialen Kontakte herunterzufahren oder zu verhindern, ist schon sehr alt. Schon vor über 3000 Jahren sonderte man Menschen mit sichtbaren Krankheitssymptomen aus der Gesellschaft aus (Aussätzige), damit sie niemanden anstecken können.

Die Quarantäne im großen Stil kam im 14. Jahrhundert auf. Vor allem die Angst vor der Pest beflügelte diese Bemühungen. Hafenstädte wie Venedig und Neapel definierten vorgelagerte Inseln als Quarantäneinseln. Wenn ein Schiff in die Häfen einfahren wollte, das möglicherweise Seuchen oder ansteckende Krankheiten an Bord hatte, musste die gesamte Besatzung zunächst auf die Quarantäneinsel, bis es sicher war, dass keine Ansteckungsgefahr mehr besteht. Das Bild von heute zeigt übrigens den Blick von der Quarantäneinsel Odderöya auf die norwegische Hafenstadt Kristiansand.

Ein großer Unterschied zu den "alten" Seuchen ist heute unser größtes Problem. Krankheiten wie Lepra und Pest zeigen sichtbare Symptome, schnell kann herausgefunden werden, wer erkrankt ist und wer nicht. Das Coronavirus hingegen ist unsichtbar. Also müssen wir alle eine Art Quarantäne erdulden. 40 Tage Pause.

Aber warum mussten es 40 Tage sein? Seit dem Mittelalter ging man davon aus, dass akute Krankheiten höchstens 40 Tage dauern können. In den meisten Fällen bewahrheitete sich dies auch. Selbst die Corona-Erkrankung dauert beim Einzelnen, der infiziert ist, keine 40 Tage, sondern hier geht man heute von nur 14 Tagen aus, weshalb die angeordnete Quarantäne im aktuellen Fall nicht länger dauert.

Die Zahl 40 hat natürlich ganz viel mit unserer Glaubenstradition zu tun. 40 Jahre lang dauerte es, bis das Volk Israel aus der Gefangenschaft heraus das gelobte Land erreichte - Israel war also unendlich lange in Quarantäne, isoliert in der Wüste, um zu sich selbst zu finden und um schließlich befreit zu werden. Jesus begab sich für 40 Tage in die Wüste, bevor er seine ersten Wunder tat. Er fastete und betete - und er widerstand den Versuchungen, die auf ihn einwirkten.

Auch die Fastenzeit dauert 40 Tage, das ist kein Zufall. Durch Fasten und beten werden wir wacher für das Wichtige im Leben, hellhöriger für die Sorge und Not der Menschen, klarer in unseren Sichtweisen und Beurteilungen.

Am vergangenen Sonntag hat eine Art Quarantäne für uns alle begonnen. Haben wir jetzt Geduld! Vielleicht dauert es wirklich 40 Tage, bis wir klarer sehen, wie es weitergeht mit unserem Land, unserer Erde, dieser Viruserkrankung. Ich verlasse mich auf diese 40 Tage. Dass das Coronavirus dann keine Rolle mehr spielt, glaube ich zwar nicht, aber ich bin sicher, dass wir nach dieser Zeit klarer sehen, besser wissen, wie es mit uns weitergeht und auch wieder etwas planen können.

Lassen wir uns in dieser Zeit heilsam verändern! Erkennen wir, was wirklich wichtig ist im Leben. Reduzieren wir uns auf das Wesentliche, damit wir umso dankbarer sind für alle Dinge, die uns darüber hinaus so selbstverständlich immer wieder geschenkt werden. Das wünsche ich Ihnen am vierten Tag der anderen Fastenzeit.

Ihr Pastor

Christoph Jansen