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Ich will wissen, ob es Gott gibt ... (5. Sonntag der Osterzeit 2002)

Datum:
28. Apr. 2002
Von:
Heinz Büsching

Wenn ich an Gott denke, wenn ich den Kontakt zu ihm suche, dann habe ich oft vor mir und um mich die unendliche, unfassbare Macht. Und es ist gut so.

Aber manchmal brauche ich etwas Genaueres, etwas, was anschaulich ist und handfest. Dann halte ich mich an Jesus von Nazaret, den ich mir vorstellen kann; der gesprochen hat. Dem kann ich sagen: gib mir bitte jetzt Rückendeckung. Den kann ich fragen: was würdest    d u    jetzt tun? Wie geht es Ihnen mit der unendlichen Weite Gottes – und seiner Nähe im Menschensohn?

Urgrund, aus dem ich lebe Herr erbarme dich

Wegbegleiter, der immer bei mir ist Christus erbarme dich

Liebe, die mich umfängt Herr erbarme dich

Herr unser Gott, du bist vor den Zeiten und lebst in Ewigkeit. Und doch bist du jeden Tag neu zu uns. Du bist der allzeit junge Gott, der immer wieder einen Anfang mit uns wagt, jetzt und in Ewigkeit.

Ich will wissen, ob es Gott gibt. Und wenn es ihn gibt, will ich wissen, ob er sich für mich interessiert. Spricht er mit mir? Oder spricht er nicht mit mir?

Wenn ich solche Fragen stelle, dann tue ich nicht als ob. Ich bin Gottsucher und ich bleibe Gottsucher. Und wenn ich etwas im Leben gelernt habe, dann dies: dass ich mich immer wieder neu zu ihm auf den Weg machen muss. Mir hilft der Gedanke, dass der Glaube an Gott Menschheitsüberzeugung ist. Sie geht über alle Kulturen zurück bis zu den Ursprüngen. Diese Menschheitsüberzeugung beruht auf Beobachtungen und Erfahrungen, die auch heute noch gemacht werden können.

Da ist die Ordnung und Schönheit der Natur. Da ist die geistvolle Architektur des gesamten Kosmos. Da ist die Stimme des Gewissens. Da ist die Sehnsucht, die uns ins Herz gelegt ist.

Wenn ich die Menschheitserfahrung annehme, die Erfahrung von Sinn und Urgewalt, von Ordnung und Geist, wenn ich sehe, dass die Menschen aller Zeiten die göttliche Kraft hinter den Dingen wahrnehmen – dann bleibt Gott doch immer noch unfassbar und namenlos. Und die vielen Namen, die die Menschen Gott in der Geschichte gegeben haben, verstärken in mir die Vorsicht, Gott allzu schnell zu benennen.

Ich fand bei Martin Buber und bei Karl Rahner ein anderes Wort für Gott, ein ganz offenes und weites Wort, das zu meiner Vorsicht passt. Es ist das Wort: Geheimnis. Gott ist ein unendliches Geheimnis. Oder, schon etwas gläubiger formuliert: ein heiliges Geheimnis.

Die Stellen der heiligen Schrift, die von den unauslotbaren Tiefen Gottes sprechen, tragen für mich den Stempel der Wahrheit an sich. Denn ein Gott, der sich ausloten, durchschauen und umfassen lässt, ein Gott, den ich im Experiment beherrschen oder durch irgendeinen Zauber zum Sprechen bringen kann, der ist keiner.

Je mehr mich die Größe Gottes beeindruckt, die unendliche Größe, von der die Vielfalt und Weite des Kosmos mir eine Ahnung vermittelt – je mehr ich mir der Un-Umgreifbarkeit und der unendlichen Geheimnishaftigkeit Gottes bewusst werde, desto dringlicher wird für mich die Frage: Interessiert der sich für mich? Spricht der mit mir? Und wenn er nicht mit mir persönlich spricht – spricht er vielleicht mit der Menschheit als ganzer?

Doch ehe ich mich umhöre, ob ich nicht irgendwo die Stimme Gottes vernehme; ehe ich in mich hineinhöre, ob ich nicht dort die Stimme Gottes wahrnehme; ehe ich in die menschliche Geschichte hineinhorche, um vielleicht dort aus den vielen Stimmen die Stimme Gottes herauszuhören – ehe ich hinhöre, mache ich mir klar, dass ich keine Bedingungen zu stellen habe. Ich mache mir meine Winzigkeit bewusst. In den Millionen Jahren der Geschichte und in der Weite des Weltenraumes bin ich nur ein Stäubchen. Ich hatte keine Macht über meinen Anfang und auch meinen Tod muss ich hinnehmen. Nein, ich habe keine Bedingungen zu stellen. Keine Bedingungen, wann und auf welche Weise Gott sich zu äußern habe. Ich muss demütig werden.

Zu dieser Demut gehört auch, dass ich bereit bin, mich belehren zu lassen. Auch andere Menschen denken nach. Auch andere Menschen nehmen wahr. Vielleicht hat Gott – wenn es ihn gibt – zu anderen deutlicher gesprochen als zu mir – wenn er denn gesprochen hat.

In meinem Gottsuchen habe ich mich zeitlebens mit den Weltreligionen befasst, mit dem Buddhismus, dem Islam, den alten Ägyptern und auch mit dem Atheismus, und nie hat dieses gute Gespräch aufgehört. Doch zur Realität meines Lebens gehört, dass ich hineingeboren wurde in die Bekanntschaft mit Jesus. Als ich meiner selbst bewusst wurde, war ich schon auf dem Weg mit ihm, bewusst und innig.

Mit ihm auf dem Weg sein – das habe ich als gut erfahren; als überzeugend; als erfüllend. Diesen Weg verlassen – da müsste schon ein sehr starker, ja umwerfender Grund kommen. Den habe ich bisher nicht gesehen. Und den Weg verlassen um des Vergnügens willen oder aus Bequemlichkeit oder weil andere das auch tun, das ist gegen meinen Selbstwert und unter meiner Würde. Wohin sollte ich gehen? In Jesus ist mir Gott gegenwärtig und erfahrbar geworden. Durch Jesus hat Gott gesprochen: "Philippus, wer mich sieht, der sieht den Vater."

Wichtig ist mir, dass dieser Jesus keinen Menschen aus seiner Liebe ausschließt. Wichtig ist mir, dass er meine Freiheit respektiert.

Doch am wirksamsten ist meine Lebenserfahrung. Sich auf ihn einlassen als Vorbild, Freund und Gottessohn – es hat sich bewährt. Es hat sich bewährt gerade auf den Durststrecken meines Lebens. Jesus der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Welche Erfahrungen haben Sie mit ihm gemacht?