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Ich bin bei euch ... (Christi Himmelfahrt 2020)

2020-05-22_Corona-Update
Datum:
21. Mai 2020
Von:
Christoph Jansen

Liebe Christen,

seit am 15. März auf einmal kein Gottesdienst mehr stattfinden konnte bis in den Mai hinein, brennt die Osterkerze. Sie macht sichtbar, was Jesus im heutigen Evangelium uns und allen verspricht, die auf ihn hören.

Ich bin bei euch. Alle Tage, also auch jetzt. Mir war das sehr wichtig, diese Zusage sichtbar zu machen. Im ewigen Licht am Tabernakel haben wir sie ja sowieso, aber das ist ja wirklich immer da, und was immer da ist, nimmt man irgendwann nicht mehr wahr. Das ist auch eine Antwort auf die oft gestellte Frage, wo Gott denn ist in der Krise und ob er uns doch irgendwie allein gelassen hat.

Ich bin bei euch. Dieses Versprechen ist verknüpft mit einem Auftrag. Geht zu allen Völkern, macht alle Menschen zu meinen Jüngern. Dieser Satz hat in der Geschichte nicht nur Gutes, sondern auch unendlich viel Leid bewirkt.

Die Entdeckung und Christianisierung Amerikas vor über 500 Jahren etwa und andere Missionsbemühungen in der Geschichte drückten den Menschen einen für sie völlig fremden Glauben auf, unter Druck ließen sie sich taufen. Man hatte übersehen, dass wir niemanden dazu zwingen dürfen, einen bestimmten Glauben anzunehmen.

Das wollte auch Jesus nicht. Er wollte die Jünger und viele Menschen nicht überreden, sondern wirklich überzeugen, dass sein Weg der richtige ist. Glauben geschieht am überzeugendsten in großer Freiheit. In der sogenannten galiläischen Krise fragt Jesus seine Jünger: Wollt auch ihr gehen? Und sie antworten in Freiheit. Jesus hätte sie gehen lassen. Es hätte ihn traurig gemacht, aber er hätte es zugelassen. Stattdessen erlebt er eine Antwort, die schon ein Glaubensbekenntnis ist. Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.

In der Krise, die wir heute erleben, die uns zurückwirft auf das Wesentliche, auf das, was wir wirklich brauchen, worauf wir nicht verzichten können, vermischt sich der Krisenmodus, den wir seit Mitte März erleben, mit der Krise, in der die Kirche seit Jahren steckt. Und viele fragen sich: Ist Kirche eigentlich systemrelevant? Übersetzt: Brauchen wir die Kirche noch? Oder macht die Pandemie, in der wir leben, sichtbar, dass sie überflüssig geworden ist?

Es ist gut möglich, dass eine Gesellschaft ohne verfassten Glauben und ohne eine kirchliche Infrastruktur irgendwie überleben kann. Aber dieser Gesellschaft würde die Hoffnung und die Freude fehlen. Ich möchte solche Wörter wie „systemrelevant“ gar nicht überstrapazieren. Ich sage einfach: Mir ist der Glaube, mir ist die Kirche sehr wichtig. Und der Satz Jesu, den wir heute im Evangelium gehört haben, ist einer der Gründungssätze von Kirche.

Ich bin bei euch alle Tage – bis zur Vollendung der Welt. Vollendet ist die Welt noch lange nicht. Wie unfertig, wie fehlerhaft sie ist, wurde uns in den letzten Wochen überdeutlich, als ein kleines Virus unendlich viel von dem, was uns zuvor sicher war und worauf wir uns verlassen haben, über den Haufen geworfen hat.

Gerade dann, wenn wir merken, wie verletzlich und schwach wir alle sind, tut es unendlich gut zu wissen, dass Gott selbst, der uns in Jesus Christus begegnet, uns sagt: Die Welt ist nicht fertig, sie ist nicht vollkommen. Sie steckt voller Fehler und Schwächen. Aber ich bleibe. Ich bin der, der für euch da ist. Und zwar so lange, bis die Welt vollendet ist. Egal, wie lange das dauert. Darauf können wir uns verlassen.

Amen.