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Gott die Ehre geben ... (7. Sonntag der Osterzeit 2002)

Datum:
12. Mai 2002
Von:
Heint Büsching

Gott die Ehre geben, das war einmal ein bewegender Gedanke.

Alles meinem Gott zu Ehren, das stand einmal über jedem Tag, und es gab jedem Tag einen tiefen Sinn. Gott verherrlichen, wie Christus es getan hat, das war einmal ein Lebensmotiv, das Begeisterung auslöste.

Habe ich mich verändert? Haben sich die Zeiten verändert?

Ich weiß es nicht. Ich finde den Gedanken der Verherrlichung Gottes nicht mehr so lebendig vor, wie ich ihn einmal gefunden habe. Stattdessen ist die menschliche Ehre auf dem Vormarsch. Die eigene Ehre. Selbstdarstellung ist in; möglichst ständige Selbstdarstellung. Ob es die große Welt ist oder unsere kleine, überall stoße ich darauf. Menschen drängen sich vor, möchten sich ins Licht bringen, wollen sich vorteilhaft produzieren. Auf den großen und kleinen Bühnen des Alltags werden Shows jeder Art abgezogen, und alle dienen sie der eigenen Verherrlichung.

Die Spitze des Eisbergs oder besser: der Tiefpunkt der Perversion ist der Mörder von Erfurt, der sich so furchtbar danach gesehnt hatte, das endlich mal alle, alle von IHM sprachen.

Es ist gut und richtig, um den eigenen Wert zu wissen. Es ist ganz und gar christlich, sich selbst zu achten und seine Talente zu entfalten. Wir brauchen uns nicht zu verstecken und sollen uns nicht vergraben.

Aber seltsam. Je mehr die eigene Ehre betont wird, desto kälter wird es. Je mehr es um die Selbstverherrlichung geht, desto lauter tönt die Klage über die wachsende Rücksichtslosigkeit. Je mehr der Selbstruhm zum Lebensziel wird, desto deutlicher kommt in den Blick, wie sehr der Neid das Miteinander vergiftet. Der Neid ist im Kommen. Zugleich wird die Lächerlichkeit der Selbstverehrung entlarvt. Eine Wochenzeitschrift wie der Spiegel lebt davon, die Lächerlichkeit der Selbstverherrlichung aufzudecken, und er ist selbst so eitel, dass er sich in jeder Ausgabe im Rückspiegel selbst bespiegeln muss.

Gott die Ehre geben. Verherrlichung Gottes. Alles meinem Gott zu Ehren – das ist himmelweit weg. Selbst an den Gottesdienst wird manchmal nur noch die Frage gestellt: was bringt mir das. Zur Stelle sein, um Gott die Ehre zu geben, weiß Gott, das hat nachgelassen.

Dieses Evangelium stößt uns darauf, uns zu fragen, was uns Gottes Ehre bedeutet. Jesus steht am Ende seines Lebens. Und er resümiert, welchen Sinn sein Leben hatte. Der Sinn seines Lebens war die Verherrlichung Gottes. "Ich habe dich auf Erden verherrlicht und das Werk vollendet, das du mir aufgetragen hast." In seiner Nachfolge ist auch uns dies aufgegeben: die Verherrlichung Gottes.

Ich bin unsicher, ob eine solche Zielsetzung uns vom Stuhl reißt, zumal klar gesagt werden muss, dass für Christus die Spitze der Verherrlichung die Stunde des Kreuzes war. Aber gerade von unserem ichbezogenen Ansatz her wäre zu bedenken, dass ständige Nabelschau Krampf ist und dass Befassung nur mit der eigenen Fassade eng macht und unzufrieden. Den Blick heben, das befreit. Und Gottes Herrlichkeit ist nicht aufsaugend. Sich an ihn verlieren, heißt, ins Eigene gesetzt zu werden, an Profil gewinnen, eine Persönlichkeit werden. An seiner Liebe kann man nur wachsen. Wir werden am Du zum Ich.

Das Alte Testament erzählt eine wunderschöne Geschichte von Mose. Mose durfte einmal Gottes Herrlichkeit schauen. Davon wurde sein Gesicht so strahlend, dass er es verhüllen musste. Das wäre es. Gottes Herrlichkeit aufspüren und anschauen. Das würde auch unser Gesicht strahlender machen. Solche Strahlen gehen von den Gesichtern guter Menschen aus. Oder sie kommen aus guten Erfahrungen in meinem Leben.

Wo sind Sie in den letzten Tagen guten Gesichtern begegnet?