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Es ist vollbracht (Karfreitag 2020)

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Datum:
10. Apr. 2020
Von:
Christoph Jansen

Liebe Christen,

Es ist vollbracht. Aus der Passion hallt dieser letzte Satz Jesu nach. Er sagt nicht: Es geht zu Ende. Auch nicht: Es ist vorbei. Es ist vollbracht. Etwas Großes ist geschafft. Der letzte Satz Jesu ist kein verzweifelter Aufschrei. Ich höre Erleichterung. Es ist vollbracht, es ist geschafft, es ist getan!

Es klingt nicht nach einem, der seinen Kampf gegen den Hass, gegen die Gewalt und gegen den Tod verloren hat. Es klingt so, als hätte Jesus gewonnen. Seine große Mission ist erfüllt. Der Tod wird am Kreuz besiegt. Noch kann man das nicht sehen, aber am Ende ist es so.

Und Jesus hat sich nicht davon abbringen lassen. Nicht von Judas, dem Jesus schließlich so fremd ist, dass er ihn verrät. Nicht durch Petrus, der das Schicksal von Jesus abwenden will, nicht durch seinen eigenen Wunsch zu leben, wenn er den Vater bittet, den Kelch an ihm vorüber gehen zu lassen, nicht durch Pilatus, der ganz kurz davor ist, Jesus freizulassen.

Jesus hat es vollbracht, hat sein Kreuz getragen bis zum Ende. Er hätte es abwenden können, es gab Möglichkeiten. Aber es war sein Weg, sein Kreuz. Niemand anderes hätte es tragen können.

Die Welt hat heute ein Kreuz zu tragen. Viele sind an diesem Kreuz gestorben, haben gelitten und leiden noch. Und wir alle gehen auf unseren eigenen Kreuzwegen. Die schlimmsten Kreuzwege sind die der Schwerkranken, die unter dem Virus leiden und vielleicht sterben. Der Kreuzweg häuslicher Gewalt, die in diesen Tagen zunimmt, ist ein Drama, das zum Himmel schreit. Die Not in den Seniorenheimen, in denen Infizierte sind, macht ganz große Sorgen.

Ich mache mir auch große Gedanken um die Menschen in den Flüchtlingslagern der Welt. Ohnehin leben Menschen dort in großer Not, was ist, wenn das Virus in so einem Lager um sich greift? Es gibt Not, Überarbeitung und schlechte Bezahlung in jenen Berufen, die in letzter Zeit gerne „systemrelevant“ genannt werden. Und dann gibt es die wirtschaftliche Not, die Sorge, seine Arbeit zu verlieren, den Betrieb, der in die Insolvenz abgleitet, finanzielle Sorgen.

Auch das sogenannte Kontaktverbot kann ein Kreuzweg, eine Herausforderung sein, vor allem, weil es nicht nach zwei Wochen vorbei war, sondern so lange dauert. Die Frage, was aus dem nächsten Urlaub wird, klingt gegen diese Kreuzwege eher lapidar. Aber es ist wahr: In diesem Jahr geht jeder seinen persönlichen Kreuzweg, tragen wir alle unser Kreuz.

Niemand bleibt verschont. Manch ein Kreuz ist schwer und bitter, andere sind leicht. Aber alle tragen unsere Kreuze. Das verbindet uns untereinander. Immer wieder höre ich die Frage: Was machst du jetzt, in dieser merkwürdigen Zeit? Immer wieder fragen wir jene, denen wir begegnen oder die wir anrufen, ob sie gesund sind. Jeder trägt ein Kreuz, und ich bin Gott dankbar, dass meins im Moment ein leichteres ist.

Das schwerste Kreuz der Welt hat Jesus getragen. Er hat die Welt damit ein für alle Mal erlöst, gerettet.

Und wenn diese Pandemie am Ende ist, werde ich zum Kreuz aufschauen und ihm von Herzen danken, dass er uns in dieser dunklen Zeit nicht alleine gelassen hat, sondern das schwerste von allen Kreuzen selber getragen hat.

Und wenn alle sagen: Es ist vollbracht, die Pandemie ist am Ende, dann werde ich an Jesus am Kreuz denken, der nach dem Kreuzweg auch diesen kleinen Satz sagt, der schon eine Vorahnung der Osterfreude in sich trägt: Es ist vollbracht.