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Er schenkt Hoffnung und Leben (Gründonnerstag 2020)

2020-04-10_Corona-Predigt
Datum:
9. Apr. 2020
Von:
Christoph Jansen

Liebe Christen,

vielleicht haben Sie ja wirklich eben eine Flasche Wein aus dem Keller und ein Stück Brot aus der Küche geholt. Und auch wenn das heute keine echte Eucharistie ist, die wir am Tag der Einsetzung der Eucharistie feiern, ist es doch ein starkes Zeichen.

Was wir heute feiern – und was wir in der Messe zu normalen Zeiten gemeinsam feiern – ist ein Mahl, ein Essen. Jesus feiert Passah mit seinen Jüngern, es ist die liturgisch gestaltete Wiederholung und Vergegenwärtigung jenes Mahles, das das Volk Israel zu sich genommen hat, bevor es von Ägypten in großer Eile aufbrach, um ein gelobtes Land zu erreichen, in dem Milch und Honig fließen, ein fruchtbares Land, das Gott den Menschen seines Volkes schenken wollte.

Die Israeliten glaubten ganz fest daran, dass sie unter dem besonderen Schutz ihres Gottes waren, sonst hätten sie es nicht gewagt, vor den übermächtigen Ägyptern zu fliehen. Was sie nicht wussten, war die Dauer dieser Flucht. Ganze vierzig Jahre waren die Menschen damals unterwegs, sie lebten als Nomaden in der Wüste, viele starben, viele wurden geboren, und die allerwenigsten von denen, die aufgebrochen waren, hatten das Glück, jenes gelobte Land zu erreichen. Das Volk Israel wusste nicht im Detail, was Gott mit ihm vorhatte. Aber es wusste, dass ein starker Gott mit ihnen unterwegs ist, der es gut mit ihnen meint.

Jesus ist bei seinem letzten Abendmahl in einer ähnlichen Situation. Er hat seinen Kreuzweg und sein Leiden und Sterben bereits vor Augen, aber er will selber nicht wahrhaben, dass das sein Weg ist. Er betet in der Nacht, in der er ausgeliefert wird: Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber.

Aber dann betet er weiter: Aber nicht, wie ich will, sondern wie du willst. Der Vater liebt niemanden mehr als den Sohn, und doch mutet er ihm diesen schrecklichen Weg zu. Und am Ende des Weges packt den Sohn die Verzweiflung, er ruft vom Kreuz her: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Die Antwort auf diese bedrückende Frage erleben wir an Ostern. Der Auferstandene beweist, dass Gott ihn und uns niemals verlässt, dass er Wege aufzeigt, die wir nie finden würden und dass auf Trauer und Verzweiflung die Osterfreude folgt.

Gott schickt sein Volk in die Wüste, er mutet ihm viel zu an Belastung, Schmerz, Hunger und Verzweiflung, aber er schenkt ihm das gelobte Land. Gott schickt Jesus auf den Kreuzweg, aber er schenkt Auferstehung und Leben. Gott schickt uns durch diese Zeit, in der eine rätselhafte Krankheit die Welt in Atem hält und in der viele leiden und sterben, aber er schenkt Hoffnung und Leben. Das hat er immer schon getan, er tut es auch heute. Darauf können wir uns verlassen.

Amen.