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Der heilige Christophorus (Weihnachten 2006)

Datum:
25. Dez. 2006
Von:
Christoph Jansen

Liebe Christen,

heute möchte ich Ihnen von meinem Namenspatron erzählen, vom heiligen Christophorus, einem Mann, groß wie ein Baum und stark wie kein anderer. Christophorus, so beschreibt die Legende, ging eines Tages auf die Suche nach dem mächtigsten Herrscher der Welt, nach der größten Macht. Er wollte nur dem Größten dienen, keinem anderen. Und das mit ganzem Herzen.

So ging er also zu dem größten König seiner Zeit, um ihm zu dienen. Aber der große König seiner Zeit hatte Angst vor dem Teufel, und weil es da ja einen gab, der dem großen König Angst machte, konnte der große König nicht der Mächtigste sein. Christophorus verließ also den König und suchte den Teufel, den er nach kurzem Suchen auch fand. Er bot ihm seine Dienste an und diente dem Bösen bis zu dem Moment, an dem er herausfand, dass der Teufel um jedes Kreuz am Weg einen großen Bogen machte.

Ratlos verließ Christophorus nun auch den Teufel. Er wusste jetzt, wen er suchen sollte: Er fing an, nach Christus zu suchen und nach Gott. Und das brauchte Zeit. Den König hatte er ganz schnell ausfindig gemacht, und der Teufel war auch nicht schwer zu finden - das Böse, so sagt man, lauert ja schließlich an jeder Ecke, aber die Suche nach Gott wurde zum wesentlichen Inhalt, zum Kern seines Lebens. Wo suchen Sie?

Wo kann Gott uns begegnen? Und wie sieht er aus? Die Hirten finden Maria und Josef und das Kind, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt. Die Hirten finden ihren Hirten.

Gott lässt sich von ihnen zuerst finden. Der Herr ist mein Hirt, er lässt mich lagern auf grünen Auen, er führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Christophorus wanderte lange durch das Land, immer auf der Suche.

Heute sind wieder viele Menschen unterwegs, auf der Suche nach Gott, wie Christophorus. Der Komiker Hape Kerkeling hat für viele den Jakobsweg interessant gemacht, er schreibt in seinem Buch: „Ich bin dann mal weg“, wie er Gott gefunden hat. Wo Gott ist und wie er ist, schreibt Kerkeling nicht. Aber sein Reisebericht ist ein überzeugendes Beispiel dafür, dass Gott sich finden lässt von dem, der ihn ernsthaft sucht.

Gott lässt sich finden, von dir, von mir, aber manchmal müssen wir viel Geduld aufbringen, viel Zeit haben und die Kraft, diese Suche weiterzubetreiben, sie nicht aufzugeben. Christophorus ging in seiner Not zu einem, der Gott gefunden hatte, zu einem Einsiedler, der in der Wüste lebte. Dem Einsiedler war Gott in der Einsamkeit begegnet. Der fromme Eremit betete und fastete, daraus bestand sein Leben. Und im Beten und Fasten begegnete er Gott.

Christophorus versuchte zu beten, aber ihm fehlten die richtigen Worte, und es gelang ihm nicht. Er versuchte zu fasten, aber der große starke Mann litt schnell unter einem Bärenhunger und stellte fest, dass Fasten wohl nicht das Richtige für ihn ist. Und er wurde sehr traurig, weil er glaubte, Gott wohl nie wirklich finden zu können. Und als er das dem Einsiedler mitteilte, gab der ihm einen Rat: „Der Fluss hat keine Brücke. Und er hat viel Strömung.

Wer nicht stark genug ist, wird von der Strömung mitgerissen und ertrinkt, wenn er versucht, den Fluss zu überqueren. Du bist stark. Hilf den Menschen am Fluss, unbeschadet die andere Seite zu erreichen!“ Der Herr ist mein Hirt. Er lässt mich lagern auf grünen Auen. Zum Ruheplatz am Wasser führt er mich. An diesem Ruheplatz am Wasser baute Christophorus sich eine kleine Hütte, in der er wohnte. Er schnitzte sich einen Stab, und wenn jemand den Fluss überqueren musste, half er.

Jetzt half er nicht mehr dem größten Herrscher, sondern allen Menschen, die unterwegs waren, die heimatlos waren, die Not litten. Seine Talente, seine Kraft, Ausdauer, Geduld, Stärke setzte er für andere Menschen ein. Er fand seine Berufung. Er wusste jetzt, was seinem Leben Sinn gibt. Er war angekommen, seine Reise war zu Ende.

Was sind unsere Talente? Wie können wir Gott und den Menschen dienen? Haben wir unseren Platz in dieser Welt gefunden, können wir unsere Hütte bauen, unser Zelt aufschlagen, oder geht der Weg noch weiter, bis wir zu unserer wahren Berufung finden, bis wir mitten im Leben angekommen sind, um den Menschen zu dienen und Gott zu finden?

Christophorus arbeitete viele Jahre lang am Fluss. Er wurde immer zufriedener. Er hatte seine Lebensaufgabe gefunden. Die Hirten arbeiteten viele Jahre auf dem Feld, bei ihren Herden. Das war ihr täglich Brot. Simon, Andreas und die anderen lebten am See Genezareth, sie waren Fischer. Und sie verdienten so ihren Lebensunterhalt. Viele von uns haben ihre Lebensaufgabe gefunden. Sie sind angekommen. Sie wissen, was sie tun sollen.

Plötzlich erscheint den Hirten ein Engel des Herrn. „Seht, ich verkünde euch große Freude, euch ist der Retter geboren.“ Sofort lassen sie alles stehen und liegen und finden, was

sie ein Leben lang gesucht haben. Die Fischer vom See Genezareth lassen ihre Netze und Boote zurück, als sie Jesus begegnen. „Ich will euch zu Menschenfischern machen“ verspricht er, und das Leben der Fischer ändert sich radikal.

Und Christophorus? Er wohnt in seiner Hütte am Fluss, als er eine Stimme hörte: „Christophorus, komm heraus und setz mich über!“. Er stand auf und lief hinaus, aber er fand niemanden. Weil er glaubte, dass er sich das alles nur eingebildet habe, ging er wieder zurück in seine Hütte. Da hörte er die Stimme wieder, ging wieder vor sein Häuschen und fand wieder niemanden. Als er die Stimme zum dritten Mal hörte, suchte er gründlicher als zuvor, und er fand ein kleines Kind am Ufer, das ihn bat, er möge ihn hinübertragen. Christophorus nahm das Kind auf seine Schultern, ergriff seinen Stab und ging in das Wasser. Aber mit einem Mal stieg das Wasser höher und höher, und das Kind wurde schwer wie Blei. Christophorus bekam es mit der Angst zu tun. Er glaubte, er werde ertrinken. Aber mit letzter Kraft erreichte er das andere Ufer, setzte das Kind ab und sagte zu ihm: „Du hast mich in große Gefahr gebracht und bist mir so schwer geworden, hätte ich die ganze Welt auf meinen Schultern gehabt, es wäre nicht schwerer gewesen.“ Das Kind antwortete: Wahrlich, du hast mehr als alle Welt auf deinen Schultern getragen, den, der Himmel und Erde erschaffen hat und der die Sünde der Welt trägt. Denn wisse, ich bin Christus, dem du seit vielen Jahren mit deiner Arbeit dienst.

Das kleine Kind am Fluss gibt sich zu erkennen. Christophorus hat wirklich dem stärksten König der Welt gedient, dem die Könige huldigen, dem die drei Weisen Gold, Weihrauch und Myrrhe schenken. Er hat mit seinem Talent getan, was er tun musste, und weiß mit einem Mal, dass seine jahrelange Arbeit für die Menschen nicht umsonst war, sondern Sinn hat. Die lange Suche des Christophorus war nicht umsonst. Sie hatte immer nur ein und dasselbe Ziel, kein Herrscher der Welt, ja nicht einmal der Teufel konnte ihn von dieser Suche abhalten. Und schließlich ließ Gott sich sogar finden.

Wenn unsere Suche nach Gott immer länger wird, immer zäher und erfolgloser scheint, kann diese uralte Legende uns Mut machen. Vielleicht haben wir Gott längst gefunden, wissen es nur noch nicht. Vielleicht hat er selbst uns den Weg dahin gezeigt, wo wir jetzt stehen. Vielleicht ist Weihnachten, ist das Kind in der Krippe ein Fingerzeig. Im ganz Kleinen, im Bescheidenen, im Unscheinbaren kann uns wirklich Gott begegnen. Zweimal übersieht Christophorus ihn. So unscheinbar, so klein tritt er in sein Leben. Das ist nicht der König in all seiner Pracht, es ist nicht der furchterregende Satan, das ist ein kleines Kind, das im Gras liegt.

Als das kleine Kind im Stall lässt Gott sich anbeten. Als das kleine Kind am Fluss lässt er sich tragen. Christophorus ist nicht der Mensch, der auf die Knie sinkt und Gebete rezitiert. Er ist nicht wie die Weisen aus dem Morgenland einer, der reiche Geschenke bringen kann. Er ist aber kräftig, einer, der anpackt. Und das Kind verlangt von ihm, anzupacken. Es will keine Geschenke von ihm haben und keine Gebete. Er soll tun, was er kann. Damit soll er Gott dienen. Mit seiner Stärke und seiner Ausdauer. Auch wir sollen uns nicht verbiegen. Das Kind am Ufer verlangt von Christophorus, authentisch zu bleiben. Und doch braucht der starke Mann all seine Kraft, um seine Aufgabe zu erfüllen.

Im kleinen Kind begegnet uns Gott. An Weihnachten lässt er sich finden. Tun wir nur, was wir können, Und tun wir es nicht nur für uns, sondern auch und vor allem für andere. Dann dienen wir ihm längst. Dann hat unser Leben Sinn. Dann ist die Weihnachtsgeschichte, die Geschichte vom Kind in der Krippe, nicht irgendeine fromme Legende, sondern sie geht uns an, ganz persönlich. Dann lässt dieses Kind, das am Fluss im Gras liegt, sich auch von uns finden. Wir müssen eben nur gut hinsehen, damit wir es finden, damit Begegnung geschieht, damit für uns wirklich Weihnachten ist.

Amen.