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Auferstehung (Ostersonntag 2002)

Datum:
31. März 2002
Von:
Heinz Büsching

Ich möchte wissen, was mit den Kindern ist, die früh sterben. Ich möchte wissen, was mit den Geistig-Behinderten ist, die in diesem Leben nicht zum Vernunftgebrauch kommen. Was ist mit den jungen Soldaten, die 19-jährig in Russland gefallen sind? Was ist mit den vielen, die tragisch ums Leben kamen, kaum dass dieses begonnen hatte. Was ist mit den Verhungernden, was mit den Lebenslang-Kranken?

Ich denke an die missbrauchten Generationen, die für das angebliche Wohl des Vaterlandes oder für das angebliche Glück kommender Zeiten schließlich doch nur verheizt worden sind. Was ist mit dem Heer der unzähligen Menschen, die in ihrem Leben nichts kannten als Kummer?

O nein, das Thema Auferstehung ist nicht nebensächlich. Auferstehung ist nicht christlicher Luxus, auf den ich auch bescheiden verzichten kann. Auferstehung ist der Schrei einer ganzen Menschheit nach Gerechtigkeit.

Wer die Frage nach der Auferstehung lässig auf sich beruhen lassen will, muss sich zurückfragen lassen nach seiner Solidarität mit den Leidenden. Wie nahe geht dir das Leid der vielen Leidenden.

Dass wir uns vor dem Leid der anderen schützen wollen, das kann ich allerdings gut verstehen. Dieser millionenfache Schmerzensschrei der Geschichte! Diese Flut der Tränen. Wer nicht an die Auferstehung glaubt, wer nicht glaubt an die Vollendung des Menschen bei Gott, der sieht sich der Verzweiflung ausgeliefert, ja der muss verzweifeln oder halt sich ständig die Ohren zuhalten oder weggucken und sich ablenken und vergessen und verdrängen. Nicht ohne Grund hat unsere Welt 1000 Formen der Ablenkung erfunden. Nicht ohne Grund ist das Fernsehen zum Schlafmittel der Nation geworden.

Ohne Ostern im Rücken, ja ohne immer wieder in Ostern einzutauchen, kann man dem Leid der Welt nicht standhalten – und darum auch nicht wirklich helfen.

Kann man denn dem eigenen Leid standhalten – ohne Ostern? Wie ist es mit dem Kummer im eigenen Leben? Erfüllen sich unsere Wünsche? Kommen wir zur Reife? Sehen wir die Grenzen fallen, an denen wir uns aufreiben? Gibt es nicht in uns den Hunger nach einer Freude und das Verlangen nach einer Weite, die uns dieses Leben nicht bieten?

O nein, das Thema Auferstehung ist nicht nebensächlich. Auferstehung ist nicht ein christlicher Luxus, auf den ich auch bescheiden verzichten kann. Auferstehung – das ist auch der eigene Schrei nach Gerechtigkeit, nach Vollendung, nach Sinn.

Wer die Frage nach der Auferstehung lässig auf sich beruhen lassen will, muss sich zurückfragen lassen, wie er denn zu sich selbst steht. Was er von sich selbst hält, ja, ob er sich selbst lieben kann, so lieben, dass er sein Leben des Weiterlebens wert hält.

Ostern heißt: auch wenn du dich selbst nicht leiden kannst; auch wenn du die geheime Angst hast, dass du eigentlich nicht leben dürftest, auch wenn du meinst, du müsstest deine Existenzberechtigung dauernd durch Leistungen unter Beweis stellen, auch wenn du immerfort vor dir selbst wegläufst, auch wenn du an dein Glück nicht mehr glauben kannst: Gott glaubt an dich. Gott läuft vor dir nicht weg. Er läuft dir sogar nach. Und verirrte Schafe sind wir irgendwie alle.

Ostern heißt: wohin immer wir unterwegs sind; auch wenn wir Jesus enttäuscht verlassen – er geht uns nach wie den Emmausjüngern, um uns den Sinn für Auferstehung zu erschließen, damit unser Herz von neuem entbrennt.

Ostern heißt: Gott ruft uns mit Namen wie Maria Magdalena, die nur noch weinen kann. Und dem Thomas, der nur noch zweifeln kann, gibt er die Zeichen, die ihn wieder glauben lassen. Weil Gott uns liebt, will er, dass es mit jedem von uns gut wird. Für immer gut wird.

Nein, das Thema Auferstehung ist nicht nebensächlich, ist nicht Luxus. Wer die Frage nach der Auferstehung auf sich beruhen lassen will, muss sich fragen lassen, was er denn von Gott hält und was er ihm zutraut und was er sich dabei denkt, wenn er Gott seinen Vater nennt. Was halten Sie denn von ihm?